Advent heißt ankommen und erzählt von der Sehnsucht nach einem Ort, an dem man sicher ist, wo Hoffnung wachsen kann. Für viele Frauen ist dieser Ort nicht selbstverständlich. Wer im Frauenhaus Schutz sucht, weiß, wie kostbar ein Raum ist, in dem man durchatmen kann. Ankommen braucht manchmal Mut, Hilfe und Menschen, die Türen öffnen.
Genau das geschieht im Frauen- und Kinderschutzhaus des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) in Dülmen. Damit auch außerhalb der Öffnungszeiten jemand erreichbar ist, übernehmen sechs Ehrenamtliche eine Rufbereitschaft. „Das Telefon wird aufs Handy umgeleitet. Unser Dienst geht dann werktags von 16 Uhr bis 8 Uhr. Auch am Wochenende ist immer jemand erreichbar“, berichtet Bärbel Bleiker. Die 66-Jährige engagiert sich seit knapp zwei Jahren im Frauen- und Kinderschutzhaus. Wie sie unterstützt auch Romana Hoffmann das Hilfsangebot. Die Motivation der beiden Frauen ist ähnlich. „Ich möchte der Gesellschaft etwas zurückgeben und mich einbringen“, sagt Bleiker. Hoffmann ergänzt: „Ich habe ein privilegiertes Leben und freue mich, wenn ich etwas für andere tun kann.“ Für beide ist es mehr als ein Dienst: Es ist ein Zeichen von Menschlichkeit und Hoffnung.
„Uns ist es ein Anliegen, dass wir in Notlagen rund um die Uhr erreichbar sind. Das ermöglicht der Einsatz unserer Ehrenamtlichen. Sie sind unsere helfenden Engel“, freut sich Yvonne Schulz-Sicking über das Engagement. Die Diplom-Sozialpädagogin und Sozialarbeiterin arbeitet seit 2007 im Frauen- und Kinderschutzhaus, dessen Leitung sie zwei Jahre später übernommen hat. Acht Plätze für Schutz suchende Frauen mit ihren Kindern stehen in Dülmen zur Verfügung.
Romana Hoffmann (links) und Bärbel Bleiker (rechts) engagieren sich ehrenamtlich im Frauen- und Kinderschutzhaus, das Yvonne Schulz-Sicking leitet.
Besonders, wenn ein Platz frei ist und das Handy klingelt, sind die Ehrenamtlichen gefordert. „Dann kann es sein, dass sich Hilfesuchende, Angehörige oder Polizisten bei uns melden. Manchmal auch mitten in der Nacht“, erzählt Bleiker. Im Internet haben sie sich zuvor informiert, in welchen Häusern noch Kapazitäten frei sind. Manchmal bringt die Polizei die Betroffene ins Frauenhaus, manchmal verabreden sich die Ehrenamtlichen mit ihr beispielsweise am Bahnhof.
„Wir helfen ihnen, anzukommen und sich wohlzufühlen“, erklärt Hoffmann. Einige haben für sich und die Kinder die Koffer gepackt, andere kommen mit nichts. Manche wirken gefasst, andere sind wie in einem Schockmoment. „Da hilft es, zunächst gemeinsam über Formalien zu sprechen und den Aufnahmebogen auszufüllen. Die wahren Emotionen kommen häufig erst später“, weiß Bleiker. Aber die Ehrenamtlichen sind in diesen Zeiten die ersten, die für sie da sind. „Einige erzählen auch ein bisschen von ihren Erlebnissen, realisieren das Geschehene aber noch nicht wirklich“, sagt Hoffmann.
„Wir können nicht beraten, sondern nur Trost spenden und einfach für die Frauen und ihre Kinder da sein. Die Beratung übernehmen am nächsten Tag die Fachkräfte“, betont Bleiker. Ruhe ausstrahlen und Sicherheit geben – das ist ihre Aufgabe. Gespräche ergeben sich häufig über die Kinder. „Uns ist es wichtig, sie auf Augenhöhe und wertfrei anzunehmen und ihnen die Hand zu reichen“, weiß Hoffmann. Viele verschiedene Kulturen und ihre unterschiedlichen Sichtweisen haben sie schon kennengelernt. Aufgenommen werden Frauen unabhängig von Religion, Staatsangehörigkeit und regionaler Herkunft. „Es ist nicht immer einfach, mit seinem eigenen Weltbild vorurteilsfrei auf die Menschen zuzugehen. Aber ein Mensch ist ein Mensch, egal wo er herkommt und wie er sozialisiert ist“, betont die 53-Jährige.
Empathie, Offenheit, Gesprächsbereitschaft und ein großes Herz – das sind Voraussetzungen für dieses Ehrenamt. „Aber man muss sich auch gut abgrenzen können und nicht die Schicksale mit nach Hause nehmen“, ist Bleiker klar. „Mitgefühl ist wichtig, aber es darf kein Mitleid sein“, fügt Hoffmann hinzu.
Schutz und Beratung leisten die Fachkräfte – doch ohne die Ehrenamtlichen wäre vieles nicht möglich. Sie sind da, wenn die offiziellen Öffnungszeiten vorbei sind, und geben Frauen in akuten Notlagen ein sicheres Gefühl. Gerade in der Advents- und Weihnachtszeit wird deutlich, wie wertvoll dieses Zusammenspiel ist: gemeinsam Türen zu öffnen und Hoffnung zu schenken.