Ein friedvoller Augenblick

, Kreisdekanat Warendorf

Hinter ihm tobt der Krieg: Eingestürzte Häuser, dichter Rauch, der aus zerstörten Dächern strömt. Sein Blick – voller Sehnsucht. Mit Uniform und Munitionsgürtel bekleidet, fixiert der Soldat die drei kleinen, fast unscheinbaren Holzfiguren vor ihm auf dem Tisch. Maria und Josef mit dem Jesuskind in einer Krippe, angestrahlt vom Schein eines brennenden Teelichts. Die Brutalität des Krieges scheint weit weg, der Frieden für einen Moment nah. 

Dieses Gemälde von Pedro Alves Filho bildet das Titelbild der Krippenkunstausstellung im Religio-Museum in Telgte.

© Stephan Kube, Religio-Museum

Der brasilianische Künstler Pedro Alves Filho lebt in Warendorf-Einen.

© Bistum Münster

Einen friedvollen Moment schaffen und trotzdem die Realität nicht ausblenden: Das war Pedro Alves Filho wichtig, als er sein Bild „Friedensnacht an der Front“ für die Krippenkunstausstellung des „RELiGIO – Westfälisches Museum für religiöse Kultur“ in Telgte malte. Das 85 mal 85cm große Wandbild des brasilianischen Künstlers, der in Warendorf-Einen lebt, ist das Titelbild der überregional bekannten Ausstellung, ziert den Katalog sowie diverse Plakate und Flyer. „Das war eine echte Überraschung für mich“, sagt der 51-Jährige, der bis zur Einsendungsfrist zweifelte, ob sein Werk bei den Betrachterinnen und Betrachtern Zuspruch findet. Das dem so ist, zeigen weitere Anfragen: Eine Lehrerin aus dem Ruhrgebiet möchte das Bild mit ihrer Klasse besprechen. Sogar aus Wien hat Alves Filho eine Nachricht bekommen: Das Team des Stephansdoms wird sein Kunstwerk auf die Titelseite ihres Weihnachtsbriefes setzen. 

Die Kunst ist Alves Filhos große Leidenschaft. „Mit 17 Jahren stand ich vor der Entscheidung – entweder werde ich Fußballer oder Maler“, erinnert er sich lachend. Der Brasilianer, der in Coroatá geboren und aufgewachsen ist, entschied sich für letzteres. Durch wegweisende Begegnungen, glückliche Fügungen und viel Fleiß entwickelte sich Alves Filho zum Kunstmaler, war in der Diözese Coroatá angestellt und stattete Brasiliens Kirchen mit Kunst aus. Die Liebe führte ihn 1995 nach Deutschland, seitdem arbeitet er freischaffend. Derzeit ist seine Ausstellung „Farbspektrum. Lebendig verflochten“ noch bis Freitag, 5. Januar, in der Landvolkshochschule Freckenhorst zu sehen.

Zum vierten Mal ließ sich der Warendorfer vom Thema der Krippenkunstausstellung inspirieren und malte für die Telgter Ausstellung. Martialische Motive schloss Alves Filho aus, als er vom diesjährigen Motto „Weihnachtsfrieden“ las. „Mir geht es wie vielen Menschen: Die großen Krisen dieser Zeit belasten. Ich wollte sie nicht ausblenden, aber auch nicht visuell in den Mittelpunkt stellen. Immerhin besuchen auch Kinder die Ausstellung“, sagt der dreifache Familienvater. 

Er legte los, malte mit expressiven Ausdruck das Gesicht des Soldaten und fing – seiner Vorstellung nach – die Gedanken des Mannes auf Anhieb in seinen Augen ein. „Es war perfekt, ich habe mich bemüht, diesen Blick zu bewahren und nicht durch Verfeinerungen zu verlieren“, berichtet der Künstler. 
Zuversicht, Mut und Frieden strahlt die Friedenstaube im Schoß des Soldaten aus, der inmitten von kriegerischem Stacheldraht sitzt, und sich scheinbar an das Tier klammert. „Er möchte diesen friedvollen Moment festhalten“, erklärt Alves Filho die Botschaft, die durch malerisch erzeugten Lichteinfall verstärkt wird. Er hofft, dass sich viele Menschen in seinem Bild wiederfinden, denn: „Der Wunsch nach Frieden – im Großen und im Kleinen – bewegt viele Menschen.

Ann-Christin Ladermann