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Ein "Ort der guten Nachbarschaft" in Geldern

Erstmal wird der Kuchen verteilt, vorher geht nichts. Die Laune ist ansteckend gut in dem kleinen Raum im Adelheid-Haus, man kennt sich. Das bleibt nicht aus, schließlich arbeiten die neun Frauen und Männer, die sich an diesem Nachmittag versammelt haben, in kirchlichen Einrichtungen in Geldern, wenn auch mit ganz unterschiedlichen Ausrichtungen. Es gibt das Seniorenhaus Adelheid-Haus, die Familienbildungsstätte (FBS), das Familienzentrum „Mittendrin und Miteinander“ mit den Kitas St. Raphael und St. Adelheid, das Berufskolleg Liebfrauenschule und die Pfarrei Maria Magdalena. „Wir haben etwas miteinander zu tun, und das wollen wir deutlichen machen“, sagt Marianne Wolffram, Leiterin des Adelheid-Hauses.

So haben die Einrichtungen die Arbeitsgemeinschaft Nachbarschaft ins Leben gerufen, bei der es nicht nur darum geht, sich halbjährlich zu Kaffee und Kuchen zu verabreden, sondern vielmehr darum, konkrete Projekte zu starten. So wie das Generationen- und Nachbarschaftsfest im vergangenen Jahr, für das die Teilnehmer direkt vom bundesweiten „Netzwerk Nachbarschaft“ als „Ort der guten Nachbarschaft“ ausgezeichnet wurden. Insbesondere soll der Gedanke der gegenseitigen Unterstützung aber in den Alltag einfließen.

Der generationsübergreifende Aspekt spielt dabei eine besondere Rolle. Schüler und Studierende des Berufskollegs können praktische Erfahrung sowohl mit Kindern als auch mit älteren Menschen sammeln, die kleinen Kinder schmücken für die Senioren den Tannenbaum oder singen zu St. Martin, dafür bekommen sie immer mal wieder Besuch von einer „Lese-Oma“. Das seien „ganz einfache Sachen, die aber allen viel Spaß machen“, weiß Birgit Kirchner von der Kita St. Adelheid. Friedhelm Appel, Pastoralreferent der Pfarrei Maria Magdalena, nickt zustimmend: „Es war von Anfang an klar, dass hier kein isoliertes Seniorenhaus entstehen sollte. Dieser Plan ist mit der Nachbarschaft gut gelungen, es ist alles da, was zu einer christlichen Gemeinde gehört. Und das in einer Zeit, in der es schwierig ist mit dem kirchlichen Leben. Aber hier erleben alle Kirche ganz anders und ganz konkret.“

Auch entscheidend für den Erfolg sei gewesen, sagt FBS-Leiterin Ursula Kertelge, dass die Akteure nach Möglichkeiten gesucht haben, die anderen in bestehende Aktionen einzubinden, ohne direkt Neues schaffen zu müssen. Schnell hätten die Partner so einen „kurzen Draht“ zueinander entwickelt. Wer für eine Veranstaltung zum Beispiel noch Bänke braucht greift einfach zum Telefon und fragt in der Nachbarschaft, wer helfen kann. Roswitha Fricke, Verbundleiterin der katholischen Kindertageseinrichtungen in Geldern, nickt zustimmend: „Vieles kann nun auf dem kleinen Dienstweg erledigt werden und ist ganz unkompliziert möglich. So erleben wir hier die Gemeinschaft vor Ort.“

Andreas Mäteling, Schulseelsorger am Berufskolleg Liebfrauenschule, freut sich, dass viele Ideen aus der Nachbarschaft in der Schule auf fruchtbaren Boden fallen. Und dass die Schülerinnen und Schüler durch die Zusammenarbeit praktisch erleben, was sie sonst nur theoretisch im Unterricht lernen. „Außerdem werden sie“, wie Kerstin Thissen vom Berufskolleg einwirft, „durch die Praxiserfahrung selbständiger und selbstbewusster.“

Die Auszeichnung als „Ort der guten Nachbarschaft“ hat die Partner angespornt, auch im kommenden Jahr wieder ein Generationen- und Nachbarschaftsfest zu organisieren. Die Planungen haben bereits begonnen – natürlich bei Kuchen und Kaffee. Der wird bei dem Fest übrigens aus dem fairen Handel stammen. Schließlich will das Berufskolleg Fairtrade-Schule werden, und von der Idee lassen sich auch die Nachbarn anstecken.

Christian Breuer