Seit einigen Jahren bietet das Bistum Münster die zweijährige Qualifikation „Gemeinsam Führen und Leiten“ für verschiedene Berufsgruppen aus der Seelsorge an. Erstmals fand die Fortbildung gemeinsam für Bistumspriester und Priester der Weltkirche sowie Pastoralreferentinnen und -referenten statt. „Diese Zusammensetzung habe ich sehr geschätzt. Für mich kam das Angebot kurz nach meiner Pfarreinführung genau zur richtigen Zeit“, berichtet Fabian Tilling. In den vergangenen zwei Jahren hat der Pfarrer der Pfarrei St. Martin in Raesfeld sich berufsbegleitend mit unterschiedlichen Aspekten zum „Gemeinsam Führen und Leiten“ beschäftigt.
„Ich habe die Fortbildung als eine gute Chance für meine Arbeit in der Gemeinde erlebt. Auch die Zusammensetzung der Teilnehmenden habe ich sehr geschätzt“, blickt der 40-Jährige auf die vergangenen zwei Jahre zurück. Zwischen den sieben mehrtägigen Modulen zu unterschiedlichen Themen traf sich Tilling mit anderen Seelsorgenden des Kurses regelmäßig zum regionalen Austausch. „Wir sind sowohl digital als auch vor Ort ins Gespräch gekommen. Das waren wertvolle Treffen“, bewertet der promovierte Theologe die Zusammenkünfte.
Ein wichtiger Aspekt sei der Transfer in die Arbeit vor Ort gewesen. Deshalb habe für alle ein Praxisprojekt zum Programm gehört. „Wir hatten in unserer Pfarrei überlegt, Kirchenbänke in den Seitenschiffen zu entfernen, um Raum beispielsweise für Ausstellungen zu schaffen“, erläutert Tilling. Ausgehend von der Frage, was ohne großen Aufwand und kostengünstig gemacht werden könne, habe er gemeinsam mit dem Pfarreirat, dem Ortsausschuss und dem Kirchenvorstand überlegt. „Dann sind wir mit den Gemeindemitgliedern und weiteren Ideengebern in die Kommunikation gegangen“, berichtet der Pfarrer von dem Findungsprozess. Wichtig sei es den Beteiligten gewesen, alle Altersgruppen zu berücksichtigen. „In der Nachbarschaft gibt es beispielsweise einen Kindergarten und eine Tagespflege, die auch die Kirche nutzen. So haben wir die Idee einer Kinderecke entwickelt und für die Senioren einige Reihen mit bequemen Stühlen aufgestellt“, erklärt er. Veränderungen seien mitunter angstbesetzt. Deshalb habe das Team den Menschen Anknüpfungspunkte gegeben, um die Veränderung attraktiver zu machen. Es sei geglückt, viele mit auf den Weg zu nehmen.
Im September vergangenen Jahres sei das Projekt gestartet, das zunächst auf gut zwei Monate ausgerichtet war. „Wir wollen es aber noch über ein Jahr verlängern, um mehr Erfahrungen zu sammeln“, erzählt Tilling. Insgesamt habe sich gezeigt, dass Menschen veränderungsbereiter gewesen wären, wenn sie eine Vision für die freigewordenen Quadratmeter gehabt hätten. „Auf einer tieferen Ebene hat das Projekt auch gezeigt, dass es um mehr als die Kirchenbänke ging. Es ging auch um ein Kirchenverständnis und um Gemeindebilder.“
Seine zwölfseitige Praxisarbeit stellte Tilling am Ende der Qualifikation den weiteren zehn Teilnehmenden vor. „Ich bin froh, dass ich an der Fortbildung teilnehmen konnte. Das, was ich gelernt habe, lässt sich gut vor Ort umsetzen. Die gemeinsame Leitung und das Teamwork werden immer wichtiger“, ist Tilling überzeugt. Von den täglichen Entscheidungen, die an ihn herangetragen würden, gebe es vieles, das die Beteiligten selbst festlegen könnten. Anderes sei nur gemeinsam möglich. Momentan stünden Überlegungen an, neue Lautsprecher in einer Kirche zu installieren. „Wir haben Zettel ausgelegt, auf denen die Besucherinnen und Besucher ankreuzen können, ob es für sie sinnvoll ist oder nicht“, berichtet der Pfarrer und fügt hinzu: „Das Ziel ist es, möglichst viele Menschen auf dem Weg mitzunehmen und trotzdem – in manchen Fällen – zu einer schnellen Entscheidung zu kommen. Das macht mir auch Freude.“