„Es geht um menschenwürdiges Wohnen“

, Stadtdekanat Münster

Schimmel, Schäden im Treppenhaus, Schädlingsbefall: Das ist das Ergebnis einer Mieterinnen- und Mieterbefragung in mehreren Wohnblöcken in Münster-Kinderhaus, die die katholische Pfarrei St. Marien und St. Josef zusammen mit der evangelischen Markusgemeinde und dem Begegnungszentrum Kinderhaus durchgeführt hat. Die Ergebnisse sollen Grundlage sein für Gespräche mit dem neuen Eigentümer, einem Konsortium aus dem Immobilienunternehmen ZBI Gruppe und der Fond-Gesellschaft Union Investment. Von ihm fordern die Initiatoren jetzt grundlegende Sanierungsarbeiten für eine Verbesserung der aktuellen Wohnverhältnisse.

Stellten die Ergebnisse der Mieterbefragung vor: (von rechts) Pfarrer Ulrich Messing, Ruth Caruso, Claudia Kuhn, Thomas Kollmann und André Smulczynski.

© Bistum Münster

„Jeder Mensch braucht ein Zuhause“, betonte Ulrich Messing, Pfarrer in St. Marien und St. Josef, bei der Vorstellung der Ergebnisse. Doch für den Geistlichen bedeutet das mehr als ein Dach über dem Kopf: „Es geht um menschenwürdiges Wohnen.“ Die differenzierte Befragung zeige, dass dies in vielen Wohnungen nicht gegeben sei. „Wir haben die Schwachstellen ans Licht gebracht, weil auch wir als Pfarrei eine gesellschaftliche Verantwortung für diesen Stadtteil tragen“, sagte Messing.

Mit „wir“ nimmt der Pfarrer Bezug auf die Durchführung der Befragung: Drei Monate lang hatten rund 35 ehrenamtliche Interviewer, darunter auch mehrere Pfarreimitglieder, die Bewohnerinnen und Bewohner der rund 630 Wohnungen an der Brüningheide, Killingstraße und Sprickmannstraße befragt und die Mängel aufgenommen. „Wir haben die Fragebögen gemeinsam mit den Bewohnern ausgefüllt“, betont Ruth Caruso vom Sozialbüro. Das Ergebnis: Rückmeldungen von rund 270 Haushalten liegen vor, die teils Erschreckendes offenbaren.

So sei rund die Hälfte der Wohnungen von Schimmel befallen, in 100 Wohnungen fallen regelmäßig die Heizung und damit das Warmwasser aus und mehr als die Hälfte der Haushalte habe mit Ameisen, aber auch mit Silberfischen und in Einzelfällen sogar Ratten zu kämpfen. Schon jetzt leiden Bewohner, vor allem Kinder, an Atemwegserkrankungen und Allergien. „Dass dringlichste Handlungsbedarfe vor allem wegen Gesundheitsgefahren bestehen, darf nicht länger übersehen werden“, betont Thomas Kollmann vom Begegnungszentrum und verdeutlicht in Zahlen: „93,5 Prozent aller in der Befragung erfassten Minderjährigen leben in Wohnungen mit Gesundheitsrisiken.“ 

Für die drei Initiatoren steht fest: Vor allem zwei Wohnbereiche müssen umgehend komplett saniert werden, weitere Wohnblöcke mittelfristig. Zeitnah müssen außerdem Reparaturen an Heizungen, Fenstern und Aufzügen vorgenommen werden. Auch Schädlingsbekämpfung, Lösungen für die Müllproblematik und eine Verbesserung der Parksituation müssen angegangen werden. Und: „Wir fordern eine Absicherung bezahlbarer Mieten und Nebenkosten“, betonte Kollmann. 

„Wir bleiben gemeinsam an dem Thema dran“, versprach Pfarrer Messing, der besonders den ehrenamtlichen Interviewern aus der Pfarrei dankte. „Wir wollen als christliche Kirchen an der Seite der Menschen in unserem Stadtteil sein und uns mit den Schwachen solidarisieren.“ Dem stimmte Pfarrerin Barbara Stoll-Großhans zu: „Wir wollen denen, die sich sonst nicht trauen, eine Stimme geben.“ Und so hoffen die Initiatoren auf zeitnahe Gespräche mit dem neuen Eigentümer. Diese kündigen in einem Statement bereits erste Sanierungsmaßnahmen für 2020 an, bitten aber um Verständnis, „dass zum derzeitigen Zeitpunkt keine detaillierten Angaben zu den Maßnahmen möglich sind“.

Ann-Christin Ladermann