Ethische Leitlinien für eine gemeinsame Agrarpolitik

, Bistum Münster

„Es braucht eine Kohärenz in der Agrar-, Handels und Entwicklungspolitik“, hat Weihbischof Dr. Stefan Zekorn am 24. Januar in Berlin gefordert. Auf einem Podium der Grünen Woche zum Thema „Die Zukunft der gemeinsamen Agrarpolitik in Europa heißt Vielfalt fördern. Ethische Perspektiven und europäische Impulse für die Stärkung des ländlichen Raums“ setzte sich der Münsteraner Weihbischof für ethische Leitlinien in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ein.

Gerade wegen des komplexen Zusammenhangs von gesellschaftlichen Erwartungen und globalen marktwirtschaftlichen Interessen brauche es ethische Kriterien als Maßstab. An vier Themenbereichen machte Zekorn diesen ethischen Maßstab deutlich. So sei ein Ziel der Agrarpolitik die Sicherstellung der Ernährung. Die Lebensmittel müssten aber nicht nur bezahlbar sein, sondern auch von guter Qualität. Gleichzeitig müsse die ihre Herstellung den Landwirten ein gutes Leben ermöglichen. Das schließe die Förderung des ländlichen Raumes in seiner Infrastruktur, seiner sozialen und kulturellen Entwicklung ein.

Der Weihbischof machte sich bei diesem Themenabend, der auf Einladung katholischer Verbände und kirchlicher Institutionen stattfand, auch für die schöpfungs- und umweltethische Perspektive der Agrarpolitik stark. Mit Verweis auf das Buch Genesis betonte er, dass der Mensch nicht Herrscher über die Welt ist und die Bekämpfung des Klimawandels sowie der Einsatz für Nachhaltigkeit dringend geboten seien. „Der Lebensraum auf dieser Erde ist nicht unendlich verwertbar“, warnte er. Der Mensch habe nach jüdisch-christlicher Tradition die Verantwortung für die ganze Schöpfung Gottes. Eine „Agrar-Ethik“, die Rücksicht auf die Ressourcen, auf Nachhaltigkeit nimmt, müsse sich an diesen christlich-ethischen Maßstäben messen lassen.

Zekorn, der in der Deutschen Bischofskonferenz der Kommission für weltkirchliche Fragen angehört, betonte die globale Verantwortung der Landwirtschaft. „Es ist nicht verantwortbar, zulasten der Ärmsten zu wirtschaften“, unterstrich er. Dass Flüchtlinge und Migranten nach Europa kommen, sei nicht nur, aber auch eine Folge dieser Politik.  Die Ausbeutung der Rohstoffe in Afrika, um sie nach Verarbeitung dort als Billigprodukte zu verkaufen, schade nicht nur der Natur in den Regionen, sondern explizit den Menschen, die von ihrer eigenen Landwirtschaft zu leben versuchen. „Aus entwicklungspolitischer und menschenrechtlicher Perspektive ist es wichtig, die Lebensgrundlage der lokalen Bevölkerung zu stärken“, sagte Zekorn.

Auf der anschließenden Podiumsdiskussion entgegnete der EU-Landwirtschaftsexperte Prof. Dr. Rudolf Mögele, dass er an den meisten Punkten mit den ethischen Leitlinien für eine gemeinsame Agrarpolitik übereinstimme. Auch er sehe für eine gemeinsame Agrarpolitik die drei Ziele „Ernährungssicherheit“, „Umwelt- und Klimaschutz“ und „Lebendige, ländliche Räume“. Es werde jedoch schwieriger, eine internationale Handlungsordnung anzustreben, die auf der Gleichberechtigung aller Staaten basiere. Die Kirchen hätten aber weiter hohe Legitimität, um ethische Standards einzufordern – auch in der Agrarpolitik. Werner Schwarz, Vizepräsident des Bauernverbandes, forderte die Kirchen auf, kritische Fragen an die Landwirtschaft zu stellen, ohne die Landwirtschaft als solche oder den Landwirt als Person anzuklagen. Weihbischof Zekorn betonte abschließend, die katholischen Verbände täten viel für die Stärkung des ländlichen Raumes und den Natur- und Umweltschutz. Für die Zukunft der Schöpfung müsse jedoch noch mehr passieren. Um eine gesellschaftlich-öffentliche Bewusstseinsbildung zu erreichen, müssten sich Kirchen, Politik und weitere gesellschaftliche Akteure gemeinsam engagieren. Dann könne man das Leben auf der Erde „als unserem gemeinsamen Haus“ (Laudato Si 216) aus einem gewandelten Bewusstsein gestalten.

Bildunterschrift: Auch der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dr. Gerd Müller (Zweiter von rechts) gehörte zu den Gesprächspartnern von Weihbischof Zekorn (rechts) bei der Grünen Woche in Berlin.