FAZ-Redakteur Deckers: "Teilnehmender Beobachter der Kirche"

, Stadtdekanat Münster

Dass Daniel Deckers seinen Traumberuf gefunden hat, war eher Zufall. Wie er als Theologe zum Journalismus kam und was er sich von „seiner“ katholischen Kirche wünscht, darüber hat der bekannte Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) am 8. November beim Theo-Talk in der Katholisch-Theologischen Fakultät in Münster berichtet

Der Referent Daniel Deckers (Zweiter von rechts) sowie Georg Pfahlsdorf (Mentorat), Andree Burke und Hendrik Stöttelder (Mentorat) stellen sich zu einem Gruppenfoto.

Beim Theo-Talk tauschten sich aus (von links): Georg Pfahlsdorf (Mentorat), Andree Burke, Daniel Deckers und Hendrik Stöttelder (Mentorat).

© Bistum Münster

Der gebürtige Düsseldorfer ging nach dem Abitur ins Kloster, studierte im Anschluss Theologie in Freiburg, Bonn, Köln und Bogotá und machte schließlich seinen Doktor. Als er sich entschied, weiter zu promovieren, fing er aus finanziellen Gründen an, nebenbei bei der FAZ zu arbeiten - anfänglich als Korrektor, dann als Rezensent, bevor er 1993 politischer Redakteur wurde. Seit 2011 leitet er das Ressort „Die Gegenwart“. „Ich habe den Job, weil ich Theologe bin“, sagte er bei seinem Vortrag vor den Studierenden, „als Theologe erhält man vielfältige Einblicke und lernt, historisch zu denken. Im Theologiestudium werden die großen gesellschaftspolitischen Fragen diskutiert. Das hilft, selbst Position zu beziehen.“ Obwohl er in den ersten vier Jahren keine Zeile theologischen Inhalts verfasst habe, habe er sich bewusst entschieden, teilnehmender Beobachter der Kirche zu werden.

Als solcher scheut Deckers sich nicht, Kritik an der Kirche zu üben. Ein großes Problem sieht er in deren Umgang mit innerkirchlichen Differenzen wie beispielsweise im Fall Wucherpfennig. Dem Jesuitenpater und bisherigen Rektor der Hochschule Sankt Georgen wurde wegen seiner Äußerungen über Homosexuelle vom Vatikan die Lehrerlaubnis nicht erteilt. „Ich als Redakteur einer politisch ausgerichteten Zeitung müsste auch überlegen, was ich mache, wenn ich deren politische Meinung nicht mehr teile“, sagte Deckers, „ es geht nicht darum, dass die Kirche auf Differenzen reagiert, die Frage ist nur, wie. Hier hat die Kirche ein massives strukturelles Handicap.“

Vergleichbar sei es beim Thema Missbrauch: „Die Situation ist für die Bischöfe schwierig“, räumte Deckers ein, „ich kann aber nicht verstehen, wieso bis heute niemand Strukturen schafft, die solche Vorfälle mit einem Höchstmaß an Professionalität von juristischer und psychologischer Seite aus behandeln. Die Kirche kann bei ihrem jetzigen Vorgehen nur verlieren.“ Er selbst wünsche sich eine Kirche, die lernende Institution ist und sich dabei gerne beobachten lässt.

Das alles sei für ihn aber kein Grund, sich von der Kirche abzuwenden: „Ich bin Kirchenmitglied. Wenn ich mich aus Enttäuschung abwenden würde, überlasse ich das Spielfeld ja nur anderen. Die Kirche braucht wache und kritische Theologen und den ein oder anderen, der sie von außen beobachtet.“ Deshalb lautete sein Appell an die Studierenden der WWU: „Treiben Sie Theologie und tun Sie es mit Leidenschaft. Der Ausbildungsbedarf der Kirche deckt sich nicht mit dem Theologiebedarf der Gesellschaft.“

Die Veranstaltung fand im Rahmen der Kooperation des Mentorats für Lehramtsstudierende der katholischen Religionslehre und des Netzwerkbüros Theologie und Beruf statt. Beide bemühen sich damit, Theologie-Studierenden berufliche Perspektiven jenseits der klassischen theologischen Berufsbilder aufzuzeigen. Andree Burke vom Netzwerkbüro freute sich sehr über Deckers‘ Vortrag: „Er ist wirklich ein toller Referent und hat eine herausfordernde Art zu schreiben.“ Das kam auch gut bei den Studierenden an, die den Vortrag am Ende per Punktesystem positiv bewerteten.

Julia Latzel