Forum im Franz-Hitze-Haus widmet sich bedrängten Christen

Weihbischof Dr. Stefan Zekorn hat die katholische Kirche sowie staatliche Institutionen aufgefordert, mehr in die Bildung der Länder Afrikas und des Nahen und Mittleren Ostens zu investieren.

"Wenn wir die Bildung Staaten wie Saudi-Arabien oder Katar überlassen, werden wir die Folgen tragen müssen", sagte der Weihbischof am 30. September beim Forum "Bedrängte Christen – Überblick und Erfahrungen aus dem arabischen Raum" in der Akademie Franz-Hitze-Haus in Münster. Darüber hinaus sei aber auch konkrete Hilfe gefordert, denn zerstörte Kirchen dürften nicht zerstört bleiben. "Bei uns muss sich die Diskussion über diese Länder ändern", mahnte er. "Wir brauchen mehr Wissen und müssen andere zum Engagement motivieren."

Bei der Veranstaltung, die in Kooperation mit der Missio-Diözesanstelle im Bistum Münster sowie dem Referat "Katholiken anderer Muttersprachen" im Bischöflichen Generalvikariat stattfand, hob der Weihbischof hervor, das Problem der Christenverfolgung sei nie größer gewesen als heute, müsse aber differenziert betrachtet werden. Auf der arabischen Halbinsel gebe es keine Freiheit der Glaubenswahl, in Saudi-Arabien sei sogar die Ausübung jeder Religion außer dem Islam verboten. Dennoch gebe es dort zwei Millionen Katholiken und noch viel mehr Christen, zumeist Gastarbeiter. In Mauretanien, wo nur 5000 Katholiken lebten, sei die katholische Kirche wegen ihrer Caritas-Arbeit sehr anerkannt. "Dort kann man erleben, was es heißt, einen Glauben im Verborgenen zu leben, zwar nicht in ständiger Angst, aber ohne darüber sprechen zu können."

In Ghana, wo 60 Prozent der Bevölkerung muslimisch seien, ließen Stiftungen aus Saudi-Arabien große Moscheen bauen und versuchten, dem Land besonders rechtgläubige Imame aufzudrücken. "Vor allem aber werden jedes Jahr 5000 junge Männer aus Ghana zu einem Jahresaufenthalt nach Saudi-Arabien geschickt, während wir in Ghana nur 100 Stipendiaten haben", gab Zekorn zu bedenken. Im Niger, wo die Christen lange friedlich mit den Muslimen zusammengelebt hätten, seien im Januar 2015 in 40 Orten Kirchen sowie Schulen und Häuser von Christen angezündet worden – offenbar unter dem Einfluss von in Saudi-Arabien geschulten Imamen. Die katholischen Bischöfe hätten keine Anklage erhoben, sondern zur Verständigung und Versöhnung aufgerufen.

Der Leiter des Bereichs Weltkirche und Migration im Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Ulrich Pöner, hatte zuvor darauf hingewiesen, dass "Christenverfolgung" ein Begriff sei, der mit der Frühzeit des Christentums in Verbindung gebracht werde und unter dem Kommunismus und Nationalsozialismus wieder aufgelebt sei. Heutzutage würden Kirchen und christliche Gemeinschaften wie zum Beispiel im Irak oder in Syrien bedrängt und verfolgt. Deshalb seien von den irakischen Christen nur noch etwa 300.000 von ursprünglich 1,5 Millionen im Land geblieben, und auch aus Syrien sei ein Drittel der Christen geflohen.

Positiv vermerkte Pöner, dass das Interesse für die Bedrängungen und Verfolgungen der Christen in der deutschen Öffentlichkeit stark zugenommen habe. "Das ist heute eine andere Diskussion als vor zehn Jahren", stellte der Referent fest. Christen würden derzeit in 108 von 198 Ländern der Erde bedrängt und verfolgt und seien damit die am stärksten verfolgte Religionsgemeinschaft. Dabei müsse man zwischen staatlicher Repression und sozialen Anfeindungen unterscheiden. "Unser Einsatz für bedrängte Christen beruht auf dem Recht auf Religionsfreiheit, das in der allgemeinen Erklärung für Menschenrechte verankert ist", unterstrich Pöner. "Es ist kein partikulares Interesse einer Gruppe."

Trotz dieser Phänomene übte Pöner Kritik an der Hilfsorganisation "Open Doors" und ihrer Behauptung, weltweit würden 100 Millionen Christen verfolgt. "Der Verfolgungsbegriff ist nicht eindeutig, und die Organisation differenziert nicht, wo religiöse Motive für eine Verfolgung vorliegen und wo es um einen Kampf zwischen Ethnien und ökonomischen Interessen geht." Der eigentliche Kulturkampf werde nicht zwischen Christen und Muslimen, sondern zwischen Schiiten und Sunniten, einem modernen, aufgeklärten Islam sowie den etablierten und radikal-islamistischen Kräften, geführt. "Dem Kampf zwischen Muslimen fallen dann als erstes Minderheiten wie Christen oder Jesiden zum Opfer." Der Experte empfahl, mit den Kirchen im Mittleren Osten direkt zu kommunizieren und ihnen konkrete Hilfe, vor allem beim Erhalt der Infrastruktur, zu leisten. "Wir müssen ihre Stimme sein und ständige Gebetsinitiativen für sie wach halten", forderte Pöner.

Miled Abboud, Pfarrer der arabischsprachigen Gemeinde in Münster, zu der etwa 300 Katholiken aus Ländern wie dem Libanon, Irak, Syrien und Ägypten zählen, warb um Verständnis und Offenheit gegenüber den nach Deutschland zugewanderten Muslimen. "Integration braucht offene Herzen", betonte der maronitische Priester. Antoine Cappucci, Medizinstudent aus dem syrischen Aleppo, stimmte zu: "Staat und Bevölkerung in Deutschland haben christlich gehandelt, als sie die vielen Flüchtlinge aufnahmen, auch wenn sie es nicht immer so genannt haben." Viele unter den hier lebenden Christen aus dem Mittleren Osten hätten aber auch Ängste und Sorgen, weil Muslime eine andere Mentalität und häufiger Vorurteile gegenüber Christen hätten. "Ich glaube aber, dass wir sie gewinnen und integrieren können", gab Cappucci sich optimistisch.

Bildunterschriften:

  • Über die Lage der Christen in verschiedenen Ländern Afrikas und des Nahen und Mittleren Ostens diskutierten (v.l.): Antoine Cappucci, syrischer Student, Weihbischof Dr. Stefan Zekorn, Moderator Dr. Christian Müller (Franz-Hitze-Haus) und Miled Abboud, maronitischer Pfarrer der arabischsprachigen Gemeinde in Münster.
  • Weihbischof Dr. Stefan Zekorn referierte über die Lage der Christen in Saudi-Arabien und in Afrika.

Text: Bischöfliche Pressestelle / 01.10.16
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