Freiwilligendienst im Ausland prägt Lebenswege und Auffassungen

Hocherfreute Gesichtsausdrücke, herzliche Umarmungen, freundschaftliche Begrüßungsworte: Wiedersehen in Tansania für fast zwei Dutzend junge Deutsche am Rande einer Jubiläumsfeier in Iringa.

Ihre Gemeinsamkeit ist, dass sie alle aus dem Bistum Münster stammen und ein Jahr ihres Lebens einen Freiwilligendienst in einem afrikanischen Land abgeleistet haben. Sie teilen eine wertvolle und prägende Erfahrung, die sich oft maßgeblich auf Einstellungen oder Lebenswege auswirkt: Das melden alle zurück. Im Auslandsjahr gearbeitet haben sie mit Kindern oder Jugendlichen, begleiteten sie in ihrer Entwicklung, erteilten Unterricht oder gestalteten Freizeit mit ihnen.

Patrick Schukalla (29) wohnt heute in Berlin und hat gerade begonnen, seine Doktorarbeit vorzubereiten. Er war 2005/2006 als Freiwilliger in Tansania. Dort habe er "die Skalen globaler Ungerechtigkeit" direkt erleben können, schildert er. "Ohne diese Zeit wäre ich weder bei der Sprache noch bei vielen Themen meines Studiums gelandet", erklärt Schukalla, "es war in jedem Fall ein ganz großer Gewinn". Neben seinem Geographiestudium habe er vertiefende Sprachkurse in Suaheli besucht, erst in Berlin, dann auf Sansibar. Studien hätten ihn immer wieder nach Afrika geführt, bei der Masterarbeit ebenso, wie es demnächst im Rahmen der Promotion anstehe. Insofern habe der Freiwilligendienst bei ihm langfristig deutliche Spuren hinterlassen.

Frederike Plagemann (28) stammt aus Rheine und lebt heute in Düsseldorf. Schon als Jugendliche habe sie, "noch recht naiv", wertet sie selber, auf den schwarzen Kontinent gewollt, um eine afrikanische Sprache zu lernen und mit Kindern zu arbeiten. So habe sie erst ein siebenwöchiges Praktikum in Johannesburg, dann 2006/2007 ihr Freiwilligenjahr in Iringa absolviert. "Es war ein großes Geschenk", bilanziert sie, "ich habe viel mehr bekommen, als ich gegeben habe". Diese Zeit könne ihr niemand mehr nehmen. "Meinen Berufsweg hat das nicht beeinflusst", stellt Plagemann klar, sie habe am Ende immer schon Medizin studieren wollen. Aber einige ihrer Sichtweisen habe der Freiwilligendienst verändert. "Ich schaue heute sehr viel kritischer auf Entwicklungshilfeprojekte, unter denen es gute Ansätze gibt, aber auch manche mit wenig Nachhaltigkeit, viel Korruption oder gar mit einer kolonialistisch geprägten Grundhaltung", beschreibt Plagemann. Das Verhalten etlicher Deutscher, "vor allem oder nur vor Weihnachten zu spenden, um ein gutes Gewissen zu haben", werte sie heute als unreflektiert. Ebenfalls kritisch sehe sie, dass "auf der Empfängerseite Staaten sich aus der Pflicht stehlen, wenn Hilfsorganisationen einspringen" oder dass Zuwendungen an Einzelne manchmal "eine passive Erwartungshaltung auslösen". Bestärkt habe sie das Freiwilligenjahr darin, die ihr geschenkte Lebenszeit sehr bewusst auszufüllen und sich auch Zeit zum Ausspannen, für Begegnungen oder Erlebnisse zu nehmen.

Sabrina Denninghaus (25) absolvierte ihren Dienst 2009/2010 in Tansania. Sie hat gerade ihr Psychologiestudium in Münster abgeschlossen. "Hätte ich das Jahr nicht gemacht, hätte ich Jura studiert", schüttelt sie den Kopf, "in der Rolle, in dem Themenfeld sehe ich mich heute überhaupt nicht mehr". Sie sei aus einem "sehr behüteten Elternhaus" in Iringa in ein "sehr freies, selbstbestimmtes Leben" gekommen und habe "super viel über mich gelernt". Dabei habe sich manches gegenüber vorher verschoben. Während der engen Zusammenarbeit mit der Schulpsychologin sei sie darauf gekommen, dass deren Arbeitsfeld auch ihr sehr liegt. Dreimal sei sie bereits wieder in Tansania gewesen, mehrfach in anderen Ländern Afrikas: "Ich habe die Vielfalt und Unterschiedlichkeit Afrikas entdeckt". In ihrer Bachelorarbeit habe sie die Entwicklung von Vorschulkindern in Tansania in den Blick genommen. "Das Jahr war total bedeutsam für mich, eine einzigartige Erfahrung: Jederzeit wieder", lautet ihre Bilanz.

Freiwilligendienst im Ausland
Ein freiwilliges Auslandsjahr können Frauen und Männer zwischen 18 und 28 Jahren im Rahmen des weltkirchlichen Freiwilligendienstes des Bistums Münster absolvieren. Einsatzstellen bietet die Diözese in sozialen Projekten in der Dominikanischen Republik, in Ghana, Mexiko, Namibia, Ruanda, Tansania und Uganda. Mit pädagogischen Vorbereitungs-, Begleit- und Nachbereitungsseminaren unterstützt das Bistum die jungen Menschen im Auslandsjahr. Eigene Kosten entstehen den Freiwilligen in der Regel nicht. Es wird erwartet, dass jeder Freiwillige sich einen Unterstützerkreis aufbaut, der die Sozialprojekte finanziell fördert. Bewerbungen für den Einsatzzeitraum 2016/2017 sind möglich per E-Mail bis zum 15. Oktober 2015 beim Referat ‚Freiwilligendienste im Ausland’ des Bistums Münster unter weltkirche[at]bistum-muenster.de. Alle Informationen über den weltkirchlichen Freiwilligendienst des Bistums Münster und Hinweise auf die erforderlichen Bewerbungsunterlagen gibt es im Internet unter www.bistum-muenster.de/auslandsdienste.

Text: Bischöfliche Pressestelle
Kontakt: Pressestelle[at]bistum-muenster.de