Friedensschülerin will mit Tabuthema „Krebs“ brechen

, Kreisdekanat Coesfeld, Stadtdekanat Münster

Es war eine Routineuntersuchung, an deren Ende die Diagnose stand: Lymphdrüsenkrebs. Für die damals 17-jährige Sarah Lülf ein Schock. Doch die Schülerin der Bischöflichen Friedensschule in Münster sieht in ihrer bösartigen Erkrankung eine Chance: Mit Unterstützung ihrer Schule setzt sie sich dafür ein, mit dem Tabu Krebs zu brechen. „Ich wünsche mir, dass mehr über das Thema gesprochen wird“, sagt die Havixbeckerin. Ein Wettbewerb gab den Ausschlag: Sarahs Religionskurs unter der Leitung von Anke Roß drehte ein Video über die Geschichte der Schülerin. Beim KICK-Wettbewerb der Stadtwerke Münster belegten die Schülerinnen und Schüler den ersten Platz in der Kategorie „Gesellschaft und Soziales“.

Screenshot von Sarah Lülf, aus dem Video „Enttabuisierung von Krebs – Sarahs Geschichte“

© Screenshot

Sarah Lülfs offener Umgang mit ihrer Erkrankung hat es ihrem Umfeld erleichtert. „Nach der Diagnose habe ich meine engsten Freunde angerufen und dann meiner Familie, meinen Mitschülern und meinen Lehrern von der Krebserkrankung erzählt“, blickt die 18-Jährige zurück. Sechs Monate konnte sie nicht zur Schule gehen, wurde im Uniklinikum Münster mit einer Chemotherapie und Bestrahlungen behandelt. Ihre Lehrinnen und Lehrer unterrichteten sie zu Hause, damit sie zumindest den Anschluss in den Abiturfächern nicht verlor. „Ich habe viel Besuch bekommen, auch von Leuten, von denen ich das gar nicht erwartet hätte“, erinnert sich Sarah Lülf gerne an den vielen Zuspruch, den sie während ihrer Krebserkrankung bekommen hat.

Nach den Sommerferien kehrte die 18-Jährige zurück in die Schule, aber allein ihre kurzen Haare, die nach der Chemotherapie wieder anfingen zu wachsen, erinnerten sie und ihre Mitschüler weiterhin an den Kampf gegen die Krankheit. Dann entdeckte Lehrerin Anke Roß die Ausschreibung eines Video-Schulwettbewerbs der Krebsgesellschaft NRW. Das Thema: „Brich das Tabu!“ „Da war bei mir die Idee geboren“, berichtet Roß. „Der soziale Zusammenhalt und die gegenseitige Achtung im Kurs waren so ausgeprägt, dass wir ein solches persönliches Projekt wagen konnten.“

Gemeinsam erarbeiteten die Schüler einen Regieplan, bauten Szenen ein, in denen Sarah selbst ihre Geschichte erzählt, in denen aber auch Lehrer und Mitschüler zum Thema Krebs befragt werden. Auch eine wissenschaftliche Erklär-Szene fand einen Platz. Mit Sarahs Einverständnis wurden einzelne Sequenzen in der Uniklinik gedreht. Die behandelnde Ärztin der Schülerin, Dr. Birgit Fröhlich, zeigte sich begeistert: „Für den Heilungsprozess ist es sehr wichtig, dass die sozialen Kontakte gewahrt bleiben. Das kann nur gelingen, wenn man das Thema enttabuisiert.“ Aus ihrer Sicht ist das Videoprojekt der Friedensschule beispielhaft: „Dadurch, dass Sarahs Mitschüler mitgekommen sind, wurden Berührungsängste abgebaut. Das machen die wenigsten Schulen.“

Für einen Sieg beim Schulwettbewerb hat es nicht gereicht, doch die Friedensschüler reichten ihren knapp siebenminütigen Videobeitrag im vergangenen Frühjahr beim „KICK“-Wettbewerb der Stadtwerke Münster ein. Seit elf Jahren fördert die Initiative, deren Name für „Klasse Ideen, clevere Köpfe“ steht, neue, ideenreiche und zukunftsweisende Projekte, für die sich Schüler und Lehrer freiwillig über den normalen Lernstoff hinaus einsetzen. Genau das betont auch Anke Roß: „Diese Zusammenarbeit an einem Projekt für eine Mitschülerin mit echter Hingabe, das hat mich schon sehr beeindruckt.“

Der Einsatz hat sich ausgezahlt: Mit ihrem Video „Sarahs Geschichte – Enttabuisierung von Krebs“ hat der Religionskurs der Oberstufe den ersten Platz belegt. Obwohl die Termine teilweise auf schulfreie Tage fielen, nahmen die Schüler vollzählig an der Vorstellung des Videos bei der zentralen Veranstaltung in Düsseldorf teil sowie bei der Preisverleihung in den Sommerferien, als längst alle Schüler – einschließlich Sarah Lülf – das Abitur bestanden und die Friedensschule verlassen hatten. Einig war sich der Kurs auch bei der Frage, was mit dem Preisgeld passieren soll. Nach Sarahs Erfahrung in der Uniklinik stand für alle fest: Die 1000 Euro gehen an die Kinderkrebshilfe der Uniklinik Münster.

Das Video der Friedensschülerinnen und -schüler ist auf dem Youtube-Kanal der Krebsgesellschaft NRW zu finden und auf der Homepage des KICK-Wettbewerbs

Ann-Christin Ladermann

Sarah Lülf (vordere Reihe 3. von rechts) und ihre Mitschülerinnen und Mitschüler aus dem Religionskurs der Q2.

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