Heinrich Tenhumberg
Heinrich Tenhumberg, Bischof von Münster von 1969 bis 1979 und einer der maßgeblichen Köpfe des deutschen Katholizismus in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, wurde vor genau 100 Jahren, am 4. Juni 1915, geboren.
Im Herbst werden das Bistum und die Heinrich-Tenhumberg-Stiftung für schwangere Frauen, Mütter und Familien in Not des 73. Nachfolgers des heiligen Liudger auf dem Bischofsstuhl in Münster besonders gedenken.
Der 1979 verstorbene Bischof Tenhumberg ist in seinem Wirken als engagierter Diözesanpriester, als Domvikar und Weihbischof in Münster, als Leiter des ‚Katholischen Büros‘ in Bonn und schließlich als Bischof immer noch für viele Menschen unvergessen. „Er hatte eine aufgeweckte Intelligenz und einen gesunden Bauernverstand. Fehler anderer konnte er ertragen. In spontaner Kameradschaft kam er denen zu Hilfe, die durch eigenes Versagen in Not gerieten. Er war ein beherrschter Mann von ungeheurer Schaffenskraft. Rastlos und unermüdlich arbeitete er und verfolgte hartnäckig in zähem und geduldigem Verhandeln die Ziele, die er sich gesetzt hatte." So hat der heutige Bischof von Aachen, Heinrich Mussinghoff, Heinrich Tenhumberg einmal beschrieben.
Heinrich Tenhumberg wurde am 4. Juni 1915 als erstes Kind einer großen Landwirtsfamilie in Lünten bei Vreden im Kreis Borken geboren. Sein Abitur am Gymnasium Paulinum in Münster bestand er mit sehr guten Zensuren. Nach seinen Philosophie- und Theologiestudien in Münster und Freiburg weihte ihn Bischof Clemens August Graf von Galen am 23. September 1939 zum Priester. Nach kurzer Kaplanszeit wurde er 1942 zur Marine eingezogen und geriet in englische Kriegsgefangenschaft. Als die Waffen schwiegen, wurde er Vikar in Freckenhorst. Galens Nachfolger, Bischof Michael Keller, erkannte die vielseitigen Begabungen des jungen Geistlichen und berief ihn nach Münster: Tenhumberg wurde Domvikar und Leiter der Katholischen Landjugend im Bistum. Er war Koordinator des Laienapostolats und geistlicher Beirat des Diözesankomitees der Katholiken. 1954 folgte der Ruf ins Domkapitel. Am 20. Juli 1958 wurde er im St.-Paulus-Dom zum Bischof geweiht. Er stellte sein Wirken unter den Schutz der Gottesmutter: "Omnia Christo regi sub matris tutela" (Alles Christus, dem König, unter dem Schutz der Gottesmutter).
Zu seinen eindrücklichsten Erfahrungen gehörte in den Jahren 1962 bis 1965 die Teilnahme am Zweiten Vatikanischen Konzil, dessen Auswirkungen sein späteres Wirken als Diözesanbischof maßgeblich bestimmen sollten. Er bezeichnete es einen „Frühlingssturm des Heiligen Geistes". Die Öffnung der Kirche zur Welt, die Verantwortung der Laien in Kirche und Gesellschaft und das Eingehen auf die sozialen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fragen in christlicher Verantwortung waren Problemstellungen, die ihn nicht mehr losließen.
Als Bischof von Münster war Tenhumberg unermüdlich in der großen Diözese zwischen Nordsee und Niederrhein unterwegs. Zusammen mit seinen Generalvikaren Reinhard Lettmann (1967–73) und Hermann-Josef Spital (1973–80) setzte er die die Einteilung des Bistums in fünf Regionen mit je einem Regionalbischof an der Spitze durch. Seine besondere Liebe und Sorge galt den Diözesanpriestern, aber er verstand auch das Engagement der Laien entscheidend zu stärken. So förderte er nach Kräften den vom Konzil erneuerten Ständigen Diakonat von in Ehe und Beruf bewährten Männern. Er gestaltete im „Ahlener Modell" eine Möglichkeit praxisbegleitender Ausbildung zum Priesterberuf ohne Abitur. Wichtig waren ihm auch das ökumenische Gespräch und eine schöne, feierlich gestaltete Liturgie.
Der Diözesanbischof übernahm viele Aufgaben in der deutschen und der Weltkirche. So wurde er Jugendbischof der Deutschen Bischofskonferenz, leitete die Pastoralkommission und die Unterkommission ‚Missio‘ der Kommission ‚Weltkirche‘. Die Gemeinsame Synode der Bistümer übertrug ihm die Aufgabe, die Sachkommission ‚Charismen, Dienste, Ämter‘ zu leiten. Wichtige vatikanische Gremientätigkeiten erforderten immer wieder seine Anwesenheit in Rom, etwa als Mitglied des Päpstlichen Komitees für Familienfragen und der Päpstlichen Kommissionen für Sakramente und Gottesdienst sowie bei „Justitia et Pax". Bei allem Übermaß an Arbeit und Anspannung war Bischof Tenhumberg trotzdem bekannt für seine heitere und offene Wesensart, für seine Güte und wohlwollende Einstellung gegenüber dem jeweils Nächsten.
Dass Tenhumberg Ende der 60er Jahre als Leiter des ‚Katholischen Büros‘ nicht nur mit Adenauer und Erhardt, sondern auch mit Brandt und Wehner Hintergrundgespräche führte, trug ihm den Titel „roter Bischof" ein, ein Vorwurf, mit dem er leben konnte. Ihm ging es stets um politische Ethik, nicht um parteiliches Taktieren. Er nannte die Kirche eine „prophetische Anwältin und tatkräftige Mitstreiterin für jene Menschenrechte, ohne die Wert und Würde eines einzelnen Menschen und der menschlichen Gesellschaft nicht begründet und gesichert werden können".
Einen besonderen Stellenwert gab Tenhumberg der kirchlichen Medienarbeit. Bereits 1951 schuf er in Münster die erste Pressestelle einer deutschen Diözese; das ebenfalls neue Referat für Film, Funk und Fernsehen folgte. Die Gründung des Instituts zur Förderung publizistischen Nachwuchses durch die deutschen Bischöfe 1969 in München war auch seiner Initiative zu verdanken. Tenhumbergs unverkrampftes Verhältnis zu den Medien führte dazu, dass er in der Regel die erste Adresse für Agenturen und Redaktionen war, wenn eine kompetente kirchliche Stellungnahme zu einem aktuellen Geschehen gefragt war. Die von ihm mitbegründete Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) verteidigte der „Pressebischof", wie Tenhumberg bald genannt wurde, gegen Versuche, ihre Funktion auf kirchliche PR-Arbeit zu verkürzen.
Text: Bischöfliche Pressestelle
Kontakt: Pressestelle[at]bistum-muenster.de