Hospizarbeit ist gelebtes Christentum
Als sich Schwester Reginalda Kuss, Pfarrer Hans Overkämping und Norbert Homann vor 30 Jahren entschlossen, mehr für Menschen in der letzten Lebensphase zu tun, war die Palliativ- und Hospizidee völlig unbekannt.
Heute gibt es 304 Palliativstationen und -einheiten und 235 stationäre Hospize sowie rund 1500 ambulante Palliativ- und Hospizdienste in Deutschland. Allein die Zahl der stationären Einrichtungen hat sich in den vergangenen zehn Jahren nach Informationen des deutschen Hospiz- und Palliativverbands mehr als verachtfacht.
Einen wesentlichen Anteil an der Verbreitung der Hospizidee hat die Willens- und Tatkraft des Gründertrios des Recklinghäuser "Hospizes zum heiligen Franziskus". "Wir wollten das Sterben in die Gemeinde holen. Es war ein bisschen auch Kirche von unten", erklärt Homann, damals Geschäftsführer des Elisabeth-Krankenhauses und heute noch ehrenamtlicher Geschäftsführer im Hospiz. Wichtig sei es, offen für Veränderungen in der Gesellschaft und für unterschiedliche Kulturen zu sein. "Das gilt sowohl für die Mitarbeiter als auch für die Patienten. Die Vielfalt belebt unser Hospiz immer wieder neu. Das kann in die Gesellschaft hineinwirken", sagt der 72-Jährige.
Das Hospiz in Recklinghausen ist das älteste in Deutschland. Viele spätere Gründungen haben von den Erfahrungen der Recklinghäuser profitiert. Sogar in Bolivien ist das Knowhow gefragt. Erst kürzlich reiste Homann als Senior-Experte zum zehnten Mal in das südamerikanische Land, um beim Aufbau von Krankenhäusern und nun einer Hospiz- und Palliativversorgung zu helfen.
Mehr als 100 Ehrenamtliche engagieren sich im und für das Hospiz in Recklinghausen. Ein Bestreben der Aktiven ist es, den Patienten ein Leben wie in den eigenen vier Wänden zu ermöglichen. "Wir gehen auf ihre individuellen Wünsche und Bedürfnisse ein", sagt Barbara Sonntag, Leiterin des Hauses. Kennzeichnend sei die besondere Atmosphäre, die im "Hospiz zum Heiligen Franziskus" herrsche. "Hospize sind gelebtes Christentum. Das ist für uns selbstverständlich", sagt sie. Das Erkennen der Endlichkeit schaffe ein anderes Bewusstsein mit dem Leben umzugehen. "Unsere Mitarbeiter und Ehrenamtlichen leben bewusster, zufriedener und vielleicht auch radikaler durch die Erfahrungen, die sie machen"; betont Sonntag. Und Homann ergänzt: "Der Glaube trägt uns in unterschiedlicher Ausprägung. Er lässt uns immer wieder auf den Anderen zugehen."
Das Hospiz finanziert sich unter anderem über Spenden. "Wir müssen jährlich rund 250.000 Euro aus Spenden und anderen Aktivitäten wie unserem Second-Hand-Laden oder dem Ebay-Verkauf und Haushaltesauflösungen aufbringen"; erklärt Homann. "Wir schauen aber zuerst auf die Not des Menschen, der unsere Hilfe braucht. Erst dann geht es ums Geld", fügt er noch hinzu. So sei es auch gewesen, als der erste Asylbewerber aufgenommen wurde. Insgesamt sei es heute nicht einfach, den gesetzlichen Auflagen zu entsprechen. "Im Vergleich zu unserer Anfangszeit sind die Anforderungen hoch und leider nicht immer mit der Philosophie der Hospize zu vereinbaren", bedauert der Experte.
Seit zweieinhalb Jahren ist das "Hospiz zum Heiligen Franziskus" in einem Neubau auf dem Gelände der ehemaligen Heilig-Kreuz-Kirche untergebracht. Elf Betten und ein Gästezimmer stehen für die Patienten, die aus dem Kreisgebiet und darüber hinaus nach Recklinghausen kommen, zur Verfügung. "Das Thema Hospize ist in der Gesellschaft angekommen. Aber wir wünschen uns, dass sich mehr Menschen damit auseinander setzen", sagt Sonntag.
Verschiedene Veranstaltungen hat es anlässlich des 30-jährigen Bestehens bereits gegeben. Am Samstag, 10. September, findet nach einem ökumenischen Gottesdienst mit Weihbischof Dr. Stefan Zekorn und dem evangelischen Pfarrer Michael Sturm, ein Abend der Begegnung statt. "Die Anerkennung und der Erfolg ist ein Grund für uns, Danke zu sagen und uns mit allen, die am Gelingen mitgewirkt haben und noch mitwirken, zu treffen", erklärt Sonntag.
Weitere Informationen gibt es im Internet unter: www.franziskus-hospiz.de.
Text: Bischöfliche Pressestelle / 05.09.16
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Foto: Michaela Kiepe