In der WG-Küche den Glauben vertiefen

, Kreisdekanat Borken

Tizian Janzen müsste seinen Beamtenstatus und die damit verbundene Sicherheit aufgeben. Möchte er das wirklich? Der 25-Jährige kann sich einen beruflichen Wechsel in den Dienst der Kirche gut vorstellen, braucht aber noch Bedenkzeit. Die nimmt sich der Heidener seit September und sammelt parallel Erfahrungen im sogenannten Sprachenjahr. Dafür ist er ins Priesterseminar Borromaeum nach Münster gezogen. Gemeinsam mit acht jungen Erwachsenen lebt er am Domplatz in einer Wohngemeinschaft.

Tizian Janzen

Tizian Janzen aus Heiden lebt für ein Jahr im Borromaeum am Domplatz und macht dort ein Sprachenjahr.

© Bistum Münster

Latein, Griechisch und Hebräisch stehen täglich auf dem Stundenplan. „Sollte ich zum nächsten Wintersemester mit dem Theologie-Studium beginnen, habe ich das schon mal weg“, sagt er mit einem Lächeln. Bis dahin lässt sich Janzen alle Wege offen. Denkbar ist für ihn auch ein Zurück an seinen Schreibtisch als Verwaltungsbeamter im Borkener Kreishaus, wo er sich für ein Jahr hat freistellen lassen.

In seiner Heimatpfarrei St. Georg war Tizian Janzen sehr engagiert – im Pfarreirat, als Firmkatechet und Lektor. Schon länger konnte sich der junge Mann einen Beruf in der Kirche vorstellen...

Ein Jahr lang leben die jungen Erwachsenen zusammen in einer Wohn- und Lerngemeinschaft. „Wir teilen nicht nur Küche und Wohnzimmer, sondern auch unser geistliches Leben“, beschreibt Janzen den Tagesablauf. „Wir setzen uns auf verschiedene Weise mit unserem Glauben auseinander.“ Dazu gehören Gesprächsgruppen und Einführungskurse, aber auch der Austausch und die Diskussion abends bei einem Bier.

Als Bereicherung erlebt der Heidener die verschiedenen Angebote des Sprachenjahres. In Grundkursen bekommen Janzen und die anderen Teilnehmenden erste Einblicke in Philosophie, Liturgie und Bibelkunde. Die Einheiten ersetzen nicht die universitären Vorlesungen und Seminare, sondern sollen sie darauf vorbereiten, was sie möglicherweise im Studium erwartet. Auch Stimmbildung und Sprecherziehung gehören zum Sprachenjahr, ebenso wie zwei Praktika – in einer Pfarrei und in einer sozialen Einrichtung.

 

Für den nächsten Februar ist außerdem eine gemeinsame Reise nach Israel geplant. Darauf ist Tizian Janzen, der in seiner Freizeit gerne Fußball spielt oder um den Aasee joggt, gespannt und er hofft sehr, dass diese stattfinden kann: „Im Heiligen Land auf den Spuren Jesu unterwegs zu sein, ist sicher beeindruckend.“ Gerade in dieser Umgebung hat er sich vorgenommen, zu klären: Was will ich für mein Leben?

Dass die zwei Frauen und sieben Männer, die sich unbekannterweise in der Wohngemeinschaft zusammengefunden haben, ähnliche Biographien mitbringen, macht es bei Glaubensthemen leichter: „Wir sind alle in einem geistlichen Prozess und wollen entdecken, wie Gott in unserem Leben wirkt.“ Mit Gleichgesinnten gemeinsam danach zu suchen, das tue gut, fügt Tizian Janzen an. Aber auch die kritischen Diskussionen über kirchliche Standpunkte weiten den eigenen Horizont, betont der Heidener: „Über manches denkt man dann noch einmal neu nach.“

Beim Blick auf die aktuelle Situation in der katholischen Kirche macht sich der 25-Jährige seine eigenen Gedanken. Sorge bereitet ihm, dass in den Auseinandersetzungen, die er generell für wichtig und notwendig hält, die Argumente immer polemischer werden: „Jeder beansprucht die Wahrheit für sich.“ Dabei würde oftmals vergessen, dass Christus die Mitte des Glaubens und Lebens sein solle.

Um die Teilnehmenden des Sprachenjahres kümmern sich im Borromaeum Regens Hartmut Niehues und Studienreferentin Ruth Kubina. Letztere beantwortet auch Fragen. Wer Kontakt zu ihr aufnehmen möchte, kann dies per Mail an kubina[at]bistum-muenster.de oder telefonisch unter 0251/49512471 tun.

Gudrun Niewöhner