Interview Frau Bathe

Seit über 40 Jahren engagiert sich im Bistum Münster die "Kommission zum Schutz des ungeborenen Lebens" für werdende Mütter und Familien. Elisabeth Bathe ist seit 2007 deren Vorsitzende. Im Interview mit Anke Rehling berichtet sie über ihren Einsatz.

Warum und wie hat sich die "Kommission zum Schutz des ungeborenen Lebens" gegründet?

Bischof Heinrich Tenhumberg hat 1974 die "Kommission zum Schutz des ungeborenen Lebens" berufen. Anlass war vor allem die Auseinandersetzung um den Paragrafen 218. Damals war das Thema hochaktuell. Es gab viele Diskussionen und Demonstrationen und die katholische Kirche war in besonderer Weise herausgefordert, sich für den Schutz des ungeborenen und geborenen Lebens einzusetzen. Dabei ging es ihr auch darum, durch ihr Engagement auf allen Ebenen und durch entsprechende Hilfs- und Unterstützungsangebote einen glaubwürdigen Beitrag zu leisten. Seit dieser Zeit ist die Kommission tätig und begleitet die Entwicklung rund um den Schutz des ungeborenen Lebens sowohl kritisch als auch konstruktiv.

Was sind die Aufgaben und Ziele der Kommission?

Unsere wesentliche Aufgabe besteht darin, im christlichen Sinne für den Schutz des ungeborenen Lebens zu werben. Dazu gehört die Förderung und Unterstützung der katholischen Schwangerschaftsberatungsstellen, die Koordination von Veranstaltungen und Maßnahmen zum Schutz des ungeborenen Lebens und die Vertretung der Arbeit in Diözesangremien und auf überdiözesaner Ebene.

Wir haben vier Kommissionssitzungen im Jahr, bei denen wir uns mit aktuellen Fragestellungen und Themen auseinander setzen. Einmal jährlich findet ein Erfahrungsaustausch mit den Schwangerschaftsberatungsstellen von SKF und Caritas statt.

Der Vergabeausschuss der Kommission verwaltet den Bischofsfonds, einen Hilfsfond für Frauen und Familien in schwangerschaftsbedingten Notsituationen. Hier können die Schwangerschaftsberaterinnen einen anonymen Antrag auf finanzielle Hilfe stellen.

Der Vergabeausschuss trifft sich zeitnah, etwa alle drei Wochen, und entscheidet über die erforderlichen Zuwendungen. Für besonders schwere und plötzliche Notsituationen gibt es ein Eilverfahren. Mit dem Bischofsfonds und den darin einfließenden Zuwendungen aus der Bischof Heinrich Tenhumberg-Stiftung stehen jährlich fast 1,4 Millionen Euro zur Verfügung.

2014 nahmen 8599 Frauen, Männer und Paare das Angebot zur Beratung in Anspruch. In diesem Zusammenhang wurden 2020 Beihilfen aus dem Bischofsfonds vermittelt, zum Beispiel für Schwangerschaftsbekleidung, Babyausstattung, Hilfe bei Mehrlingsschwangerschaften, Haushaltsgründungen, den Umzug in eine größere Wohnung oder auch Hilfe zum Lebensunterhalt bei Auszubildenden und Studentinnen.

Was sind konkrete Aufgaben für die Zukunft?

Zunächst geht es darum, die bisherige Arbeit in bewährter Weise fortzusetzen. Vielfältige Herausforderungen erwarten uns darüber hinaus. Ich möchte nur auf die aktuelle Flüchtlingssituation aufmerksam machen. Diese Entwicklung mit den Schwangerschaftsberatungsstellen sensibel zu begleiten, wird in der kommenden Zeit eine wichtige Aufgabe sein.

Neben gesellschaftlichen, sozialpolitischen und kirchenpolitischen Entwicklungen stellen uns auch die medizinischen Entwicklungen vor besondere Herausforderungen. Erwähnen möchte ich nur den Praenatest, ein Test zu Bestimmung der häufigsten Chromosomenstörungen in der frühen Schwangerschaft.
Solche Entwicklungen kritisch zu begleiten und darauf aufmerksam zu machen, sehe ich als wichtige Aufgabe an.

Warum engagieren Sie sich ganz persönlich in der Kommission?

Für in Not geratene schwangere Frauen und junge Familien etwas zu tun, sie ins Blickfeld zu rücken, war für mich Anlass, in der Kommission mitzuarbeiten.
Als Mutter von vier erwachsenen Kindern und Großmutter von sechs Enkelkindern weiß ich aus eigener Erfahrung, wie Schwangerschaft und Geburt eines Kindes den Alltag der Familie grundlegend verändern, besonders bei ungeplanter Schwangerschaft oder plötzlicher Arbeitslosigkeit und vielem mehr.
Antrieb für die Hilfe und Begleitung von Menschen in Not ist auch meine Namenspatronin, die Heilige Elisabeth, und unser christlicher Auftrag.

Mich für den Schutz des ungeborenen und geborenen Lebens glaubwürdig einzusetzen und stark zu machen, sehe ich als meine besondere Aufgabe an.

Welche Herausforderungen erleben Sie bei Ihrem Engagement und welche Bestärkungen?

Ich muss mich mit den unterschiedlichsten Themen auseinandersetzen und auf dem Laufenden bleiben zum Beispiel bei der Pränataldiagnostik, im Zusammenhang mit der vertraulichen Geburt und anderem.
Ich engagiere mich gern für die Bischof Heinrich Tenhumberg-Stiftung und werbe um Spenden für konkrete Hilfe in Not- und Konfliktsituationen.

Bischof Reinhard Lettmann hat diese Stiftung gegründet, um den Bischofsfonds zu unterstützen. Wer weiß, wie die Zukunft zum Beispiel in Bezug auf die Kirchensteuermittel aussieht. Wenn mir das gelingt, freue ich mich immer sehr. Die Situationen, mit denen wir bei den Antragsstellungen im Vergabeausschuss konfrontiert werden, sind oft ausgesprochen schwierig. Dass die finanzielle Hilfe oft eine ganz wichtige Entlastung darstellt, motiviert mich immer wieder neu.

Die gute Zusammenarbeit mit der Geschäftsführerin Anne Ruhe, den Mitgliedern der Kommission und das gute Miteinander im Vergabeausschuss haben mich bestärkt, mich für weitere vier Jahre zu engagieren.