Als sie damals mit ihren beiden älteren Schwestern nach Deutschland kam, fanden die Geschwister in der kroatischen Gemeinde ein Stück Heimat weit weg von der Familie. Jadranka Miličević war erst 15 Jahre alt, als sie aus wirtschaftlichen Gründen das kleine Dorf in Serbien verließ. Durch den Pfarrer der kroatischen Mission fand sie eine Arbeit im Iglo-Werk in Reken. Seit 42 Jahren ist sie dort beschäftigt. Obwohl sie und ihr Mann gut integriert sind und deshalb auch im Ruhestand nicht zurückwollen, möchte sie die Zusammenkünfte in der kroatischen Gemeinde nicht missen.
Passt die Schicht und sie hat frei, ist für Jadranka Miličević das Singen freitagnachmittags mit Diakon Antun Vrbanec Pflicht. Die Geselligkeit darf dabei im Pfarrheim selbstverständlich nicht zu kurz kommen – und deshalb gibt es in den Pausen Kaffee und Kuchen: „Natürlich wird zwischendurch auch über Gott und die Welt geredet.“
Der Gottesdienst gehört für Jadranka Miličević seit frühster Kindheit zum Sonntag fest dazu. Die Lieder und Gebete in ihrer Muttersprache sorgen bis heute für eine intensive Atmosphäre.
Eine besondere Bedeutung hat für sie Maria, von den Katholiken als Gottesmutter verehrt. „Sie ist die Größte für uns“, sagt Jadranka Miličević und klingt ein wenig gerührt. Erst kürzlich war sie mit ihrer erwachsenen Tochter in Fátima, dem bekannten portugiesischen Wallfahrtsort. Viel öfter hat sie Medjugorje besucht, auch wenn die katholische Kirche die angeblichen Marienerscheinungen in dem Dorf in Ost-Herzegowina nicht anerkennt. Das friedliche Gebet mit anderen gebe ihr ein gutes Gefühl, beschreibt sie ihre Eindrücke: „Ich bin gerne an diesen Stätten.“ Trotz der vielen unbekannten Menschen habe sie keine Angst vor Gewalt oder Terror: „Der Glaube gibt mir Kraft – das gilt auch für den Alltag.“ Jadranka Miličević ist überzeugt, dass Gott die Wege eines jeden lenkt: „Er weiß, was gut für uns ist.“
Gudrun Niewöhner