Der Festtag begann mit einer Heiligen Messe, die Diözesanadministrator Antonius Hamers zelebrierte, unterstützt von Diözesanpräses Pfarrer Wolfgang Schmitz und Diakon Holger Meyer. Ein kleiner Gebärdenchor begleitete die Feier musikalisch in Gebärdensprache. Der gesamte Gottesdienst war zweisprachig gestaltet: Vier Dolmetscherinnen übersetzten Lautsprache in Deutsche Gebärdensprache und umgekehrt, während Schriftdolmetscherinnen das Gesagte simultan als Text auf eine Leinwand übertrugen. Kameras und Großbildprojektionen ermöglichten auch den hinteren Reihen beste Sicht. Viele Gehörlose beteiligten sich aktiv mit Gebeten und Texten in Gebärdensprache.
Nach 22 Jahren im Amt wurde der langjährige Generalpräses Diakon Josef Rothkopf, der selbst hörgeschädigt ist, anschließend feierlich verabschiedet. In einer emotionalen Fotoschau blickte der Verband auf sein Lebenswerk zurück – von der Kindheit bis zu seiner Tätigkeit als Seelsorger. Rothkopf, der seine Ausbildung zum Diakon trotz großer Hürden 1999 abschloss, war der erste hörgeschädigte Generalpräses des Verbandes. Unermüdlich bereiste er die Vereine im ganzen Land, oft mit dem Zug, und wurde dabei stets von seiner Frau Brigitte unterstützt.
Rothkopf war außerdem Mitbegründer der europäischen Vereinigung Deaf Catholics Europe (DCE) und pflegte internationale Kontakte, auch in den Vatikan. Viele Jahre war er zudem Diözesanseelsorger im Bistum Aachen – alles im Ehrenamt. Für seine Verdienste wurde er als erster Ehren-Generalpräses in der Geschichte des Verbandes ausgezeichnet und erhielt die höchste VKGD-Ehrung, die Ehrenplakette.
Ökumenische Zusammenarbeit
Nach dem Mittagessen folgten Grußworte der Ehrengäste. Bürgermeisterin Angela Stähler überbrachte die Grüße der Stadt Münster. Weihbischof Reinhard Hauke aus Erfurt übermittelte die Glückwünsche der Deutschen Bischofskonferenz und deren Vorsitzendem Bischof Georg Bätzing. Hauke erzählte, wie er durch eine gehörlose Mitarbeiterin im Priesterseminar zur Gebärdensprache und später zur Gehörlosenseelsorge kam. „Ich gebärde auch heute noch in Gottesdiensten“, sagte er und würdigte den Einsatz der vielen Ehrenamtlichen, „die diesen Verband über 100 Jahre hinweg getragen haben“.
Pfarrer Andreas Konrath vom evangelischen Spitzenverband DAFEG hob die gute ökumenische Zusammenarbeit hervor. Auch Bernd Schneider (Deutsche Gesellschaft), Ralf Raule (Deutscher Gehörlosenbund) und Antje Baukhage (Deutscher Schwerhörigenbund) betonten in ihren Ansprachen das gemeinsame Engagement für Frieden, Freiheit, Barrierefreiheit und Gebärdensprache.
"Wir sind mehr als ein Verband. Wir sind eine Familie"."
In seiner Festrede sprach VKGD-Vorsitzender Karsten Kißler über die Bedeutung von Gemeinschaft und Glauben. „Wir sind mehr als ein Verband“, sagte er. „Wir sind eine Familie. Wir verstehen uns mit Händen und Herz.“ Begegnungen – etwa bei Wallfahrten, Schulungstagen und Vereinsjubiläen – hätten die Mitglieder über Generationen verbunden. Ein Film ließ anschließend 100 Jahre Verbandsgeschichte Revue passieren.
Zwischen den Programmpunkten sorgte der gehörlose Magier Fralau mit verblüffenden Tricks für Unterhaltung. Weitere Ehrungen rundeten den Festtag ab: Hannelore Rogge, Ehefrau des langjährigen Vorsitzenden Alfons Rogge, erhielt die Ehrenplakette für ihre Unterstützung und zahlreiche Beiträge zu Veranstaltungen. Holger Meyer aus Cloppenburg, seit über 13 Jahren Redaktionsleiter der Zeitschrift epheta und Verantwortlicher für die VKGD-Webangebote, wurde für sein großes Engagement ausgezeichnet. Der Verleger Karlheinz Löffel aus Lahr im Schwarzwald, der epheta fast ein halbes Jahrhundert herausgab, erhielt ebenfalls die Ehrenplakette. Auch Ludger Kreienborg, langjähriger Autor der Kolumne Sozialpolitik aktuell, Prof. Dr. Ulrich Hase und Helmut Vogel wurden für ihren Einsatz für Gehörlose geehrt.
Neben den offiziellen Programmpunkten stand für viele die persönliche Begegnung im Mittelpunkt – ein Wiedersehen mit Menschen, die man oft nur selten trifft. Zahlreiche Umarmungen und fröhliche Gesichter prägten den Tag.
Holger Meyer/Gehörlosenseelsorge