Kleinen Schwestern vom Lamm
"Himmlischer König, Tröster, Geist der Wahrheit" – die Kleinen Schwestern Alma, Anne-Marie und Marie-Estelle singen das Gebet zur Begrüßung und bitten auch um den Segen der Gottesmutter für unser Gespräch.
Die drei Ordensfrauen gehören zur Gemeinschaft der "Kleinen Schwestern vom Lamm", einem Bettelorden, der erst vor 30 Jahren gegründet wurde. Seit Anfang Oktober leben sie zusammen mit vier Mitschwestern direkt am Überwasserkirchplatz in Münster. Das Bistum hat ihnen das Haus zur Verfügung gestellt, das zuletzt der im April verstorbene Bischof Reinhard Lettmann bewohnte. Noch sind die Kleinen Schwestern dabei, sich in dem Haus einzurichten, wobei sie so viel gar nicht brauchen. Denn ein Leben in Armut und an der Seite der Armen ist das, was die Gemeinschaft auszeichnet.
Die Armut leitet sich für die Kleinen Schwestern aus der Nachfolge Jesu Christi und aus der des heiligen Dominikus und des heiligen Franziskus ab. Gebet und Gemeinschaft sind für sie zentrale Säulen ihrer Berufung: "Wir müssen uns vom Wort Gottes durchdringen lassen. Das Gebet gibt uns Kraft und hilft uns, gerade auch in den Armen die Schönheit Gottes und seiner Liebe zu sehen", sagt die Kleine Schwester Marie-Estelle. "Und indem wir in unserer Gemeinschaft auch selbst untereinander Bettler sind, können wir hiervon ausgehend dann auch pilgernd und bettelnd hinaus gehen, um den Ärmsten unserer Welt zu begegnen", ergänzt die Kleine Schwester Alma.
Die Kleinen Schwestern selbst leben die Armut ganz praktisch und sehr konkret. Jeden Tag klopfen sie an Münsters Haustüren und bitten um Kleinigkeiten zum Essen. "Die meisten Menschen machen uns gerne auf", sagt die Kleine Schwester Alma, "oft danken sie uns sogar, dass wir bei ihnen vorbeikommen." Immer wieder gibt es besondere Erlebnisse. "Eine Familie, die gerade am Essen war, hat einfach spontan Teller für uns dazu gestellt.
Wir wurden wie echte Gäste empfangen, kamen ins Gespräch, und es zeigte sich, dass die Familie gerade in einer besonderen Situation Gott um Hilfe gebeten hatte. Wir merken dann immer: Gott führt uns", berichtet die Kleine Schwester Marie-Estelle. Und ihre Mitschwester Anne-Marie erzählt die Geschichte von einem Obdachlosen, der – als die Schwestern ihn angesprochen hätten –gesagt habe: "Heute geht ihr nicht betteln, ich lade euch ein!" In einer Bäckerei habe er dann belegte Brötchen gekauft. "Gerade die Armen habe große Freude daran, das Wenige, das sie haben, mit uns, zu teilen", sagt sie. Da die Gemeinschaft selbst in Armut lebe, verbinde sie mit vielen Armen eine tiefe Freundschaft. "Wir sind oft mitten unter den Armen, treffen sie etwa in der Suppenküche. Und dann freuen sie sich auch, wenn sie uns an anderen Orten wieder sehen, begrüßen uns wie ihre Familie, die sie ansonsten meist verloren haben", sagt die Kleine Schwester Alma. Und ihre Mitschwester Marie-Estelle ergänzt: "Ein Obdachloser hat mir einmal gesagt: Gut, dass Sie da sind, denn wenn Sie da sind, dann ist auch Gott da."
Die Schwestern sind aber nicht nur da, sondern auch nicht zu übersehen. Denn: ihr blaues Ordenskleid fällt auf. Blau ist es, so weiß Schwester Marie-Estelle, weil die erste Priorin sich das Kleid aus einem Jeansstoff genäht habe. Die blaue Farbe sorgt aber dafür, dass die Schwestern insbesondere von Kindern sehr offen und direkt angesprochen werden. Erwachsene seien da eher zurückhaltend, doch da sie als Ordensschwester erkennbar sei, "kommt es auch vor, dass ich an einer roten Ampel von einem Mitwartenden gebeten werde, für ihn zu beten", erzählt die Kleine Schwester Marie-Estelle. Unterwegs sind die Schwestern allerdings nicht nur zu Fuß, sondern auch mit dem Auto – natürlich nicht mit dem eigenen, sondern per Anhalter. "Uns nehmen ganz unterschiedliche Leute mit, auch solche, die mit der Kirche nichts mehr zu tun haben. Im Auto kommen wir dann aber schnell ins Gespräch und spüren oft, dass die Menschen eine tiefe Sehnsucht haben und eine Beziehung zu Gott suchen. So ist das Trampen auch Teil unserer Mission", lacht die Kleine Schwester Alma.
Sie hatte, weit weg von Münster, in diesem Jahr ein besonderes Erlebnis. Sie war in Rom, als Papst Franziskus, der die Etablierung des Ordens in seiner Heimat Argentinien unterstützt hatte, gewählt wurde. Und nur zwei Tage nach seiner Wahl lud der Papst die rund 40 Schwestern und Brüder der Gemeinschaft, die sich in Rom befanden, zu einem Treffen ein. "Als Kardinal Christoph Schönborn uns diese Nachricht überbrachte, war es vorbei mit der klösterlichen Stille. Da brach großer Jubel aus", berichtet Schwester Alma. "Der Papst habe die Kleinen Schwestern und Brüder wie seine Freunde begrüßt, jeden einzelnen persönlich, und für ihr Zeugnis gedankt. "Es geht um das Zeugnis des Lebens, des Gebetes, der Liturgie, des Brotbettelns, des Autostoppens, der Armut und der Freude", habe der Papst gesagt, und betont: "Wegen all dem lieben euch die Leute."
Das Zeugnis, das die Schwestern geben, gründet in der "Selbsthingabe, die sich in der Nächstenliebe zeigt", wie Schwester Alma sagt. Daher komme auch der Name "Kleine Schwestern vom Lamm": "Wir wollen die Kleinen sein, wir sind als Bettlerinnen auf Mission und wollen Jesus Christus nachfolgen in dem Bewusstsein, dass wir jeden Tag unser Leben von Gott geschenkt bekommen." Wie Schafe seien sie in die Welt gesandt und ließen sich von dem Leitsatz der Gemeinschaft führen: "Auch wenn ich verletzt bin, werde ich niemals aufhören zu lieben."
Sehnsucht nach einem anderen Leben, nach vielleicht ein bisschen Luxus, haben die Schwestern nicht. "Wir bekommen immer das, was wir brauchen", sagt Schwester Alma und erzählt, dass sie auch in Münster mit großer Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft aufgenommen worden seien "Dieser Empfang hat uns sehr berührt", sagt Schwester Marie-Estelle. Und keineswegs bleibt die Gemeinschaft unter sich: Insbesondere Studenten kommen vorbei, treffen sich mit den Schwestern zum Gebet und zu Gottesdiensten. "Wir freuen uns darauf, viele Leute kennen zu lernen, und laden alle gerne ein, in unserer Kapelle, die gerade fertig geworden ist, immer dienstags bis freitags um 18.30 Uhr die Heilige Messe mit uns zu feiern oder auch zur eucharistischen Anbetung oder den Stundengebeten zu uns zu kommen."
Text: Bischöfliche Pressestelle
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