Menschen mit Behinderung haben kaum Zugang zur Suchthilfe

, Kreisdekanat Steinfurt

Wie kann ein geistig behinderter Mensch, der alkoholabhängig ist, seine Sucht bekämpfen? Wie müssen Suchtberater arbeiten, um minderintelligente Menschen zu erreichen? Mit diesen und weiteren Fragen hat sich der Caritasverband Emsdetten-Greven drei Jahre intensiv in einem Modell-Projekt auseinandergesetzt. Gefördert von der „Aktion Mensch“ soll das Projekt „Suchthilfe für alle“ dazu beitragen, die bestehende Versorgungslücke zu schließen und Suchtberatung auch für Menschen mit geistiger Behinderung zu öffnen. „Behindertenhilfe und Suchthilfe müssen sich viel stärker als bisher aufeinander zubewegen“, lautet das Fazit von Projektleiterin Heike Budke.

Caritas Emsdetten-Greven zieht Fazit nach Ende der Projektphase

Mit einer kreisweiten Fachtagung präsentierte der Caritasverband Emsdetten-Greven seine Erkenntnisse vor mehr als 50 Mitarbeitern aus Einrichtungen der Suchthilfe sowie der Behindertenhilfe. Immer mehr Menschen mit Behinderung leben in ambulant betreuten Wohnformen und genießen damit eine größere Freiheit als in stationären Einrichtungen. Eine Folge: Die Zahl der Menschen mit geistiger Behinderung, die an einer Suchterkrankung leiden, steigt spürbar. Suchtberater und Mitarbeiter in der Behindertenhilfe stünden diesem Problem oftmals hilflos gegenüber, bestehende Hilfesysteme sind auf diese Klientel nicht eingestellt. „Wer Inklusion ernst nimmt, der darf vor diesem Thema nicht die Augen verschließen“, betonte Bernward Stelljes, Vorstand des Caritasverbandes Emsdetten-Greven.

Projektleiterin Heike Budke nannte drei wesentliche Erkenntnisse: „Die bestehenden Suchtberatungsstellen können diese Versorgungslücke schließen. Das gelingt aber nicht ohne Kooperation mit der Behindertenhilfe. Und: Spezielle Angebote für Menschen mit Behinderung machen Sinn in der Suchthilfe.“ Denn Menschen mit geistiger Behinderung benötigten zum Beispiel eine ganz einfache Sprache, andere Räumlichkeiten und eine andere Atmosphäre, um über ihre Sucht nachdenken und sprechen zu können. Wie Gespräche mit Betroffenen gelingen können, stellte Privat-Dozent Dr. Ralf Demmel vor. Er erklärte, wie die in Fachkreisen bekannte Gesprächsmethode „Motivational Interviewing“ im Umgang mit minderintelligenten Menschen genutzt werden kann.
Wie Suchtprävention ganz praktisch aussehen kann, entwickelte der Caritasverband Emsdetten-Greven gemeinsam mit den Werkstätten Langenhorst des Caritasverbandes Steinfurt. So stellten Beschäftigte der Werkstatt ein überdimensionales Zigarettenmodell her – und lernten ganz nebenbei, welche Schadstoffe in einer Zigarette stecken.

Entscheidend für eine nachhaltig erfolgreiche „Suchthilfe für alle“ ist nach Ansicht Heike Budke eine konsequente Vernetzung aller Beteiligten. Diese soll auch nach dem Auslaufen des Modell-Projektes fortgeführt werden. So soll es im Juni das inzwischen vierte Netzwerktreffen von Akteuren in der Behindertenhilfe und Suchthilfe im Kreis Steinfurt geben.

Caritas-Vorstand Bernward Stelljes (links), Fachbereichsleiter Helmut Henrich (2.von rechts) und André Plagge (rechts), Leiter Drogen- und Suchtberatung, bedankten sich bei Projektleiterin Heike Budke und Referent Dr. Ralf Demmel

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