Mexiko-Stadt braucht 62.000 Liter Wasser pro Sekunde
In der katholischen Akademie Franz Hitze Haus in Münster hat am 30. und 31. Januar unter dem Motto ,Bald auf dem Trockenen? Wasserbedarf und Wasserkonflikte in Mexiko‘ eine Tagung zur Diözesanpartnerschaft Münster/Tula stattgefunden.
Dr. Rebecca Müller aus Moers referierte vor 45 Teilnehmenden über Urbanisierung und Wasserproblematik in Mexiko.
Die Versorgung mit Trinkwasser wird in vielen Teilen der Erde immer mehr zum Problem. Das gilt auch im zentralmexikanischen Hochland und besonders für die Großregion Mexiko-Stadt, die nach Tokio und Delhi mit mehr als 20 Millionen Einwohnern der drittgrößte Ballungsraum der Welt ist. Jeder Mexikaner verbrauche am Tag 360 Liter Wasser, in Deutschland läge der Pro-Kopf-Verbrauch bei 120 Litern. "Der gewaltige Unterschied ist vor allem auf das marode Leitungssystem zurückzuführen", erklärte Rebecca Müller, die ihre Doktorarbeit zu diesem Thema geschrieben und längere Zeit in Mexiko gelebt hat, "50 Prozent des Wassers versickern einfach irgendwo, und dazu gibt es nur ein mangelhaftes Abwassersystem." Das sei doppelt brisant in einem Land, in dem die Versorgung mit Trinkwasser immer größere Schwierigkeiten bereite.
Ein Problem dabei sei die rasante Verstädterung. Man rechne damit, dass bis zum Jahr 2030 über 20 Millionen Menschen mehr in Städten leben würden als heute. "Schon jetzt wohnen 80 Prozent der Mexikaner in Städten wie Mexiko-Stadt oder Guadalajara, das ist der höchste Prozentsatz der Welt", erklärte die Sozialwissenschaftlerin.
Unterschiedliche Gründe führte Müller an, um das Phänomen zu erklären: "Eine Ursache dafür ist, dass das Wasser vor allem in die Städte gepumpt wird. Die ländlichen Gebiete spielen bei der Wasserverteilung nur eine untergeordnete Rolle." Um die städtische Wasserversorgung zu sichern, würden Wasserleiter, natürliche Wasservorkommen, angezapft und ausgebeutet, Flüsse umgeleitet, oft an der ländlichen Bevölkerung vorbei. "Die sieht auf dem Land keine Zukunft mehr für sich und zieht in die Stadt. Ein Teufelskreis entsteht", führte Müller aus. Dieser werde zusätzlich befeuert, da in Mexiko alles auf die urbanen Zentren ausgerichtet sei. "Wer am Gesundheitswesen und am Bildungssystem partizipieren möchte, der muss in die Stadt ziehen", erläuterte die Referentin, "und alle brauchen Wasser." Allein Mexiko-Stadt benötige von dem raren Gut 62.000 Liter pro Sekunde.
Der Wasserraubbau führe zu massiven Problemen, wie der Versalzung der Böden und dem Absacken des Bodens. "In Mexiko-Stadt ist das Erdniveau um teilweise zehn Meter abgesackt, da Trinkwasserleiter seit Jahren ausgebeutet werden", sagte Müller. Zusätzlich gehe die Schere bei der Wasserversorgung zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander: Die einen betrieben Pools, während die anderen auf Wasserlieferungen aus Tankwagen angewiesen seien.
Ein weiteres Problem sei das marode Abwassersystem. Nur 50 Prozent der Abwässer würden geklärt. Der Rest gelange ungefiltert in die Flüsse und verschmutze diese, mit schwerwiegenden Konsequenzen. "Vor einiger Zeit ist ein Junge in den Fluss Atemajac gefallen, der durch Guadalajara fließt. Obwohl man ihn herausgefischt hat, ist er gestorben – nicht, weil er ertrunken ist, sondern, weil er an den Chemikalien im Fluss eingegangen ist", schilderte Müller.
Sauberes Wasser hingegen werde nicht genutzt. "Wenn es mal regnet, dann wie aus Kübeln", hat Ludwig Gotthardt erfahren, "ich verstehe nicht, warum dieses Wasser nicht genutzt wird." Gotthardt hat als Priester im Rahmen der Diözesanpartnerschaft zwischen Münster und Tula mehrere Jahre in Mexiko gelebt und gearbeitet. "Man könnte Wasser doch auf den Flachdächern in Zisternen sammeln", meinte er. Über 25 Mal pro Jahr komme es zum Beispiel in Mexiko-Stadt zu Überschwemmungen aufgrund starker Regenfälle. "Anstatt das Wasser zu sammeln, ist die Stadt damit beschäftigt, es abzuleiten", empörte Gotthardt sich.
Der Grundstein für die Partnerschaft zwischen den Diözesen Tula und Münster wurde auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962 bis 1965) in Rom gelegt. Aus einem Treffen der damaligen Bischöfe Jesús Sahagún aus Tula und Joseph Höffner aus Münster entstand eine intensive und vielseitige Zusammenarbeit. Neben der pastoralen Arbeit ging es vor allem um die Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen in Mexiko. Die Partnerschaft lebt von direkten Kontakten zwischen Gemeinden und Gruppen aus den Diözesen.
1987 fand die erste Mexiko-Jahrestagung im Franz Hitze Haus statt. Sie setzt sich jährlich mit aktuellen Themen und Problematiken in Mexiko und vor allem in der Region des Bistums Tula auseinander.
Text: Bischöfliche Pressestelle
Kontakt: Pressestelle[at]bistum-muenster.de