Kossen nennt die Fleischindustrie, die Paketzusteller, Ausstall- und Ausmistkolonnen, das Reinigungsgewerbe und auch den Metallbau als typische Branchen der Ausbeutung: „Moderne Sklaverei ist dort die Wirklichkeit.“ Opfer seien Frauen und Männer aus Ost- und Südosteuropa, auch sogenannte „Illegale“ aus Asien, Afrika oder Lateinamerika. Beratungsgespräche finden bereits statt – vor Ort oder auch per Telefon und Mailkontakt. Heiner Verhorst, Jurist im Ruhestand und Vorstandsmitglied im Verein, kennt die „Klassiker“: Rauswurf im Krankheitsfall, unbezahlte Überstunden, Vorenthaltung von Zuschlägen für Nacht- und Feiertagsarbeit, Mietwucher. Ehrenamtliche des Vereins arbeiten ihm und weiteren Anwälten zu.
Diese bringen die juristische Klärung und Durchsetzung von Ansprüchen auf den Weg. „Kostenlos, muttersprachlich und ortsnah ist unsere Beratung“, darauf legt Saskia Wanke Wert. Sie ist Erzieherin und ebenfalls Mitglied im Vorstand. Täglich hat sie bei ihrer Arbeit mit Kindergartenkindern zu tun, die mit ihren Eltern und anderen Arbeitsmigrantinnen und -migranten in „Schrottimmobilien zusammengepfercht sind“, wie Kossen es beschreibt. „Wir wollen Öffentlichkeit herstellen, Politik und Gesellschaft wachrütteln“, nennt der Pfarrer einen wichtigen Teil der Vereinstätigkeit neben der Beratung und Vertretung Betroffener.
„Parallelwelten sind entstanden mit mafiösen Strukturen von Ausbeutung und Menschenhandel. Fehlende Maßnahmen zur Integration begünstigen das Entstehen von Subkulturen und das Geschäft moderner Sklaverei. Wir fordern den Gesetzgeber zum Handeln auf und die Gesellschaft zur Wachsamkeit“, erklärt Kossen. Überregional will der Verein in Nordwestdeutschland tätig werden, Netzwerke knüpfen und „vor Ort“ Beratung anbieten. Zahlreiche Interessierte haben sich bereits gemeldet und ihr Erfahrungswissen und ihre Hilfsbereitschaft angeboten. Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales in Nordrhein-Westfalen hat dem Verein Unterstützung zugesagt. Minister Karl-Josef Laumann ist selbst Vereinsmitglied. In seinem Grußwort zur Einweihung der Beratungsstelle lobt er Kossens Einsatz und sagt ihm seine Unterstützung zu.
Peter Kossen/Gudrun Niewöhner