Muttersprachliche Gemeinden sorgen für Pfingsterlebnis

, Stadtdekanat Münster, Kreisdekanat Warendorf

„Jetzt kommt mein Einsatz“, freut sich der zwölfjährige Yosif und streift sich die neongelbe-Warnweste über sein weißes T-Shirt mit blauem Aufdruck. Die Halskette mit dem goldenen Kreuz funkelt im Sonnenlicht. Als die 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der internationalen Wallfahrt für Jugendliche und junge Erwachsene aus allen Sprachen und Kulturen von Münster zur Schmerzhaften Madonna von Telgte die mit gelb-weißen Fähnchen geschmückte Prozessionsstraße der Kleinstadt im Münsterland erreichen, übernimmt Yosif den Ordnungsdienst. „Ich muss auch auf die Autos aufpassen, damit nichts passiert.“ 

Der zwölfjährige Yosif (vorne, mit Warnweste) sichert den Weg der ankommenden Pilgerinnen und Pilger.

© Bistum Münster

Der Zwölfjährige, der zusammen mit seinen Eltern zum dritten Mal mitgepilgert ist, gehört der Gemeinde arabisch-sprechender Christen in Münster an. Die Gemeinschaft, das Kennenlernen anderer Kulturen, deren Lieder und Musik macht für ihn die Faszination der Veranstaltung aus. Und Pilgern gehört für ihn zur Religion dazu, „weil ich Christ bin“, bringt er schlicht und stolz seine Motivation auf den Punkt. Unter dem Leitwort „Habt Vertrauen – ich bin es. Fürchtet euch nicht.“ haben sich Yosif und die anderen Pilgerinnen und Pilger am Pfingstsamstag (27. Mai) von der St.-Mauritz-Kirche in Münster aus auf den knapp 13 Kilometer langen Weg nach Telgte gemacht. „Wir sind alle so verschieden und glauben trotzdem an denselben Gott“, erzählt der gebürtige Iraker, der mit drei Jahren nach Deutschland kam, begeistert und strahlt mit der Sonne um die Wette.

Wallfahrtsrektor Propst Dr. Michael Langenfeld freut sich darüber, dass „die Jugendlichen aus verschiedenen Kulturen und mit ihren unterschiedlichen Sprachen und Riten gerade an Pfingsten nach Telgte kommen. Schließlich will das Fest verdeutlichen, dass der Geist Gottes in die Einheit führen und verschiedene Traditionen zusammenbringen will. Ich finde es klasse, dass sie hier sind.“ 

Weihbischof Dieter Geerlings, Wallfahrtsrektor Propst Michael Langenfeld (beide Mitte) und Franz-Thomas Sonka, Ansprechpartner für Katholiken anderer Muttersprache im Bistum (rechts) beten mit den Jugendlichen vor der Gnadenkapelle.

© Bistum Münster

„Wallfahren ist beten mit den Füßen“, bringt es der emeritierte Weihbischof Dieter Geerlings auf den Punkt, als er die Pilgerinnen und Pilger vor der Marien-Kapelle empfängt. Deren Türen stehen weit offen, damit die Wallfahrenden einen Blick auf das hölzerne Gnadenbild werfen können. „Ich hoffe, dass euch die Füße nicht zu sehr weh tun“, ergänzt der Bischöfliche Beauftragte für die Katholiken anderer Muttersprache verschmitzt. „Wir Menschen haben ab und zu Schmerzen, körperliche aber auch seelische. Es ist gut, dass wir uns hier vor dem Gnadenbild der ‚Schmerzhaften Mutter‘ in Telgte treffen“, fährt er fort. „Maria ist unsere Schwester im Glauben, die unsere Schmerzen kennt und mitträgt.“ Es sei wichtig, dass es Orte gebe, wo man seine Schmerzen, seine Angst hinbringen und Hoffnung und Vertrauen erwerben könne. 

„Jesus spricht uns zu: Habt Vertrauen. Fürchtet euch nicht“, greift Gerlings das Motto der Wallfahrt in seiner Predigt im anschließenden Gottesdienst in der Wallfahrtsbasilika St. Clemens auf und sichert den Jugendlichen zu: „Jesus zeigt uns Wege durch und aus der Angst.“ An Pfingsten habe er den Menschen die Gabe des Heiligen Geistes verliehen und „damit zugesichert: Ich bin da, wo du bist. Das heißt auch, dass du deine Angst überwinden kannst. Gott wird das Seine dazutun. Öffne dich für ihn.“

Zum 16. Mal fand die Wallfahrt von Katholikinnen und Katholiken aus den unterschiedlichen Gemeinden anderer Muttersprache und Kulturen im Bistum Münster statt. Die weiteste Anreise hatten die polnischen Gemeinden vom Niederrhein und aus Duisburg-Walsum, die früh aufbrechen mussten, um pünktlich zum Start morgens um 9 Uhr in Münster zu sein. Christen aus Süd- und Osteuropa, Asien, Afrika und Lateinamerika feierten nach der Messe auf der Emsinsel ein Fest des Glaubens und des Friedens mit Picknick, Musik und kulturellem Programm.

Jürgen Flatken