© Ludger Heuer

Neuer Service für Familienforscher: Offizialatsarchiv stellt Kirchenbücher online

, Offizialatsbezirk Oldenburg

Kirchenbücher, auch Matrikeln genannt, stellen die wertvollste Quelle für die Familienforschung dar. In ihnen werden Taufen, Trauungen und Beerdigungen sowie oft auch Erstkommunionen und Firmungen verzeichnet. Das älteste Kirchenbuch des Offizialatsbezirks Oldenburg ist das Taufbuch von St. Andreas in Cloppenburg (ehemals Krapendorf).

Dr. Verena Bölsker und Dirk Unterbrink bereiteten den Onlineauftritt der Kirchenbücher vor.

Dr. Verena Bölsker und Dirk Unterbrink bereiteten den Onlineauftritt der Kirchenbücher vor.

© Ludger Heuer

Seine ersten Einträge stammen aus dem Jahr 1613. Aufbewahrt wird es im Offizialatsarchiv Vechta. Die Einsicht dieser Kirchenbücher war bisher nur im Archiv möglich. Jetzt sind die Kirchenbücher aus sämtlichen Pfarreien im niedersächsischen Teil des Bistums Münster in der Datenbank „Matricula“ online einsehbar und kostenfrei zugänglich. Das System beinhaltet Kirchenbücher aus Österreich, Deutschland und Polen. http://data.matricula-online.eu/de/

2009 hatte das Archiv des Bischöflich Münsterschen Offizialats mit ihrer Digitalisierung begonnen. 1.376 Kirchenbücher – 391 aus der Zeit vor 1900 und 985 aus dem Zeitraum von 1900 bis 2012 – hat Archivmitarbeiter Dirk Unterbrink seitdem Seite für Seite mit einem Hochleistungsscanner, der extra für dieses Projekt angeschafft wurde, abgelichtet. Zusätzliche wissenschaftliche Unterstützung bekam er im vergangenen Jahr durch die Historikerin Dr. Verena Bölsker. Ihre Aufgabe ist es, die Metadaten für die Onlinestellung sowie weitere Angaben zu den Kirchenbüchern vorzubereiten.

Bei der Einsicht gibt es rechtliche Einschränkungen zu beachten. „Kirchenbücher enthalten gesetzlich geschützte Daten und unterliegen daher Schutzfristen. Bei Taufbüchern betragen sie 120 Jahre, bei Erstkommunion- und Firmbüchern 110 Jahre und bei Trauungs- und Sterbebüchern einhundert Jahre“, sagt Bölsker. 432 Kirchenbücher aus 50 Pfarreien kann das Offizialatsarchiv online stellen, einige davon im Hinblick auf die Schutzfristen allerdings nur in Teilen.

Um den Benutzern die Recherche zu erleichtern, haben Archivmitarbeiter für jedes Kirchenbuch ein Informationsblatt erstellt. Dieses Blatt ist den Scans, die je eine Doppelseite des Kirchenbuchs zeigen, vorangestellt. Auf ihm sind der Name der Pfarrei, die Nummer des Kirchenbuchs, die gespendeten Sakramente, die Bildnummern sowie statistische Angaben zum Kirchspiel mit den zur Pfarrei gehörenden Ortschaften zu Beginn des 19. Jahrhunderts verzeichnet. Für jede Pfarrei werden zudem Eckdaten aufgelistet. Diese beinhalten Angaben zur Gründung, zu Abpfarrungen oder Fusionen, zur heutigen kommunalen Zugehörigkeit, über Größe und Ortsteile des Kirchspiels um 1817 sowie weitere Unterlagen für die genealogische Forschung.

Ein Klick auf das Buch-Symbol in den Kirchenbuch-Listen erschließt dem Nutzer weitere Bemerkungen zu den jeweiligen Kirchenbüchern, ein Foto-Symbol führt zu den Scans der Kirchenbuchseiten. Sie können gesichtet, jedoch nicht kopiert oder heruntergeladen werden. „Dieses Internetportal ist eine wahre Fundgrube für jeden Genealogen. Die Nutzung der Kirchenbücher wird dadurch weltweit möglich“, freut sich Bölsker.

Der neue Service wird zu einem Rückgang der Besucherzahlen führen, ist sich Archivleiter Wilhelm Baumann sicher. Diese Entwicklung lässt sich auch im Bistumsarchiv Münster feststellen, seit es sich diesem System angeschlossen hat. 767 Mal wurde das Offizialatsarchiv im vergangenen Jahr zu Forschungszwecken aufgesucht, immerhin sechzig Prozent der Archivbenutzer befassen sich dabei mit Familienforschung. Einen leeren Lesesaal befürchtet Baumann aber nicht: „Wer Hilfe beim Entziffern einzelner Textstellen der handschriftlich verfassten Kirchenbücher benötigt oder inhaltliche Verständnisprobleme hat, wird weiterhin zu uns kommen. Zudem stehen im Lesesaal die Maschinenabschriften der Kirchenbücher sowie genealogische Werke aus der Archivbibliothek zur Verfügung.“

Text: Ludger Heuer