Ohne Unterstützung geht bei vielen Menschen nichts mehr

, Kreisdekanat Recklinghausen

Vor dem Ladenlokal an der Bahnhofstraße in Westerholt hat sich eine lockere Schlange gebildet. Die Menschen unterhalten sich. Um 14 Uhr öffnet Bernd Möller die Eingangstür. Schnell füllt sich der hintere Teil des Raumes, in dem verschiedene Lebensmittel in Regalen zu sehen sind. Aber auch am Tresen im vorderen Bereich des ehemaligen Ladenlokals meldet sich ein junges Paar. Sie beantragen eine Kundenkarte, um nicht nur im Tafelladen, sondern auch im Kinderland einkaufen zu können.

Seit Mai gibt es in Westerholt den Tafelladen und das Kinderland des Caritasverbandes Herten unter einem Dach. Jeden Dienstag- und Mittwochnachmittag haben die beiden Einrichtungen für jeweils drei Stunden geöffnet. „Es sind vornehmlich Flüchtlinge aus der Ukraine, die bei uns einkaufen. Und jede Woche kommen neue hinzu“, berichtet Möller, der beim Caritasverband unter anderem für die Tafel zuständig ist. Bis Ende April gab es in Herten-Süd ein entsprechendes Angebot. „Mit der Neueröffnung in Westerholt wurde der alte Laden geschlossen. Aber wir planen, im Herbst das Angebot in Süd wieder zu starten“, berichtet der 63-Jährige weiter. Dann stünden den Menschen in Herten zwei Läden zur Verfügung, in denen sie günstig Lebensmittel und Dinge des täglichen Bedarfs einkaufen könnten. Ein Angebot, das dringend notwendig erscheint angesichts steigender Preise, nicht nur im Lebensmittelbereich. „Wir können allerdings mit unseren Tafelläden nicht alles auffangen, zumal die Ware, die wir von den Supermärkten erhalten, knapper wird“, ergänzt er. In der vergangenen Woche hätten sie den Kunden kaum etwas anbieten können. „Wir mussten das, was da war, über drei Stunden strecken, damit wir allen etwas geben konnten. Ich kann mich nicht erinnern, dass das schon mal passiert ist“, sagt Möller. 

Etwas entspannter geht es im Kinderland zu. „Auch für uns ist Westerholt ein neuer Standort, aber es gibt in Süd weiterhin den Ursprungsladen“, berichtet Tanja Just. Sie beobachtet bei der Nachfrage beispielsweise nach gebrauchter Kinderkleidung oder Schulmaterial nur einen leichten Zuwachs. Jedoch rechnet sie damit, dass es im kommenden Jahr, wenn die Nachzahlungen für Strom, Wasser und Gas die Haushalte erreichen, deutlich mehr Kunden kommen werden. „Während sie in unserem Angebot stöbern, haben wir Zeit für sie und kommen mit ihnen ins Gespräch. Einige kennen wir bereits seit Jahren und wissen um ihre Bedürfnisse“, berichtet Just, die sich über eine lange Zeit zunächst ehrenamtlich im Kinderland in Süd engagiert hat und mittlerweile das Caritas-Kinderland hauptamtlich leitet. Die 49-Jährige ist froh, den Hilfesuchenden noch Angebote machen zu können, denn das Kinderland erhält Sachspenden wie beispielsweise gut erhaltene Kleidung oder Spielzeug. „Aber auch Kinderwagen oder Buggys sind gefragt. Momentan suchen wir übrigens noch einen Zwillingswagen für eine junge Familie“, berichtet sie. 

Das Konzept, Tafel und Kinderland in einem Ladenlokal zusammenzulegen, habe sich bewährt. „Unsere Kunden profitieren von den beiden Angeboten. Jetzt überlegen wir, in unserer Sitzecke künftig verschiedene Beratungsangebote – wie zum Beispiel die Schuldnerberatung – zu etablieren“, berichtet sie von einer Idee, den Menschen eine weitere Leistung näher zu bringen. 

Einig sind sich Just und Möller, dass durch die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine viele Probleme offensichtlicher geworden sind. „Ich habe keine Ahnung, wo es mal enden soll. Die Tafeln wurden gegründet, um Lebensmittel vor der Vernichtung zu retten. Heute lehnt sich die Politik zurück und sagt, dass die Tafeln die finanzielle Not vieler Menschen schon auffangen würden. Das ärgert mich“, sagt Möller.

Rund 80 Kunden pro Öffnungstag zählen die Ehrenamtlichen allein beim Tafelladen. Dabei betreffe das Thema Armut sicherlich weit mehr Menschen, denn sowohl Möller als auch Just wissen, dass die Hemmschwelle hoch ist, bei ihnen einzukaufen. Noch könnten sie die Anfragen bedienen. „Wenn wir den Laden in Süd öffnen, werden sicherlich viele der alten Kunden zurückkehren. Und wenn dazu die Teuerungen durchschlagen, habe ich die Sorge, dass wir den Bedarf nicht mehr decken können“, sieht Möller ein großes Problem auf sich zukommen. Zudem, und das betreffe sowohl die Lebensmittelangebote als auch den Bereich der Kinderausstattung, fehle es an Ehrenamtlichen. „Viele sind nach Corona nicht mehr zurückgekehrt. Jetzt arbeiten wir mit 30 Engagierten, vor Corona waren es 100“, berichtet Möller. Ähnlich sieht die Lage im Kinderland aus: Von ehemals 25 Ehrenamtlichen sind noch 15 geblieben. „Wer sich für unsere Arbeit interessiert, kann sich gern melden“, ruft Just zur Mitarbeit auf. 

Informationen zu den unterschiedlichen Angeboten des Caritasverbands gibt es im Internet hier.

Michaela Kiepe

Bernd Möller und Tanja Just stehen nebeneinander. Hinter ihnen steht eine Kleiderständer und man sieht Regale mit Lebensmitteln.

Mit dem Tafelladen und dem Kinderland in Westerholt bieten Bernd Möller und Tanja Just vom Caritasverband Herten Menschen mit geringem Einkommen oder in akuten Notlagen Hilfe an.

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