
134 Ordensleute aus 29 Gemeinschaften sind nach Münster zum Ordenstag gekommen, der damit begonnen hatte, dass Münsters Bischof Dr. Felix Genn von seinen persönlichen Erfahrungen als Teilnehmer der Weltsynode berichtete. Organisiert von Schwester Hiltrud Vacker und Schwester Gaby Quezada vom Ordensrat sowie Birgit Klöckner vom Ordensreferat der Bistumsverwaltung, teilten sich die Teilnehmenden am Nachmittag auf und besuchten unter anderem die Villa ten Hompel.
„Ich habe früher im St.-Franziskus-Hospital als Seelsorgerin gearbeitet und wollte die Villa ten Hompel immer schon mal besuchen“, erklärt Schwester Verona Eichmanns aus Datteln. Was sie in der Dauerausstellung „Geschichte – Gewalt – Verbrechen“ erwartete, wusste sie vorher nicht genau. Aufgeteilt auf zwei Gruppen ließ sie sich mit den anderen Ordensfrauen und -männern durch die verschiedenen Räume der Villa führen, die die Verbrechen von Münsters Ordnungspolizei im Nationalsozialismus vor allem als „Schreibtischtäter“ und die Herausforderung und Umsetzung der Wiedergutmachung bei der Aufarbeitung der NS-Verbrechen nach 1945 thematisieren.
„Ich bin sehr berührt von den hier gewonnenen Erkenntnissen, von der perfiden Art und Weise, wie die Ordnungspolizei damals vorgegangen ist“, erklärt Schwester Verona. Nachdenklich stimmen sie Parallelen zur heutigen Zeit: „Auch heute findet vieles verdeckt statt“, sagt sie und stimmt dem Abschlusssatz von Oliver Kottmann bei: „Es ist erschreckend, wie anfällig Menschen bis heute für Propaganda sind.“
„Wann ist ein Mensch ein Täter?“ Diese Frage greift der Mitarbeiter der Villa ten Hompel gleich mehrmals auf angesichts von 3,6 Millionen Holocaustopfern, die unter Mitwirkung der deutschen Ordenspolizei starben. Sie bewachten die Menschen, drangsalierten sie in Ghettos und Lagern, ermordeten sie bei Erschießungen und deportierten sie in Vernichtungslager. Die Teilnehmenden der Ordensgemeinschaften nehmen mit, dass das Gewissen eine Sache der einzelnen Person bleibt. „Auch wer Gewalt auf staatliche Anordnung ausübt, muss sich fortan als Gewalttäterin oder -täter im Spiegel anschauen und die Handlungen vor dem eigenen Gewissen verantworten.“
Deutschlands Geschichte, wozu auch die Kriegsgeschichte gehört, interessiert Pater Biju Joseph besonders. Der Ordensmann, der aus Indien stammt, ist schon häufig an der Villa vorbeigefahren. „Jetzt habe ich einen ersten Einblick bekommen, aber ich werde noch einmal wiederkommen und mir die Ausstellung mit mehr Zeit anschauen“, kündigt er an.
Neben dem Besuch in der Villa ten Hompel hatten die Teilnehmenden des Ordenstags am Nachmittag außerdem die Möglichkeit, die St.-Mauritz-Kirche und den Klostergarten der Mauritzer Franziskanerinnen kennenzulernen sowie gemeinsam zu singen. Zum Abschluss feierte der Bischof mit den Ordensleuten einen Gottesdienst in der Mutterhauskirche der Franziskanerinnen in Münster-Mauritz.
Ann-Christin Ladermann