Mourad gehört der syrischen Ordensgemeinschaft „Mar Mousa al-habashi“ („Heiliger Moses von Abessinien) an. Er war Prior des Klosters Mar Elian, einem Wallfahrtszentrum nahe der Stadt Karjatain. Im Mai 2015 wurden er und 250 Mitglieder seiner Gemeinde von IS-Kämpfern entführt. Die Milizen der Terrororganisation zerstörten große Teile seines Klosters. Pater Jacques erinnert sich genau an den Tag der Entführung: „Sie haben mich und einen Mitbruder gefesselt, ins Auto geschleppt und sind mit uns in die Wüste gefahren. Auf dem Weg haben sie immer wieder gedroht, uns zu töten.“
Pater Jacques beschrieb das Auf und Ab seiner Gedanken in den ersten Tagen – bis zum prägenden achten Tag seiner Geiselhaft. Als ein IS-Anführer mit drei Dschihadisten zu ihm gekommen sei, dachte Mourad zunächst, die Zeit seines Todes sei gekommen. Der Anführer aber habe die Bewaffneten fortgeschickt und sich beinahe eine Stunde lang mit dem Pater über die Religionen unterhalten. „Das war der Moment, in dem ich wusste, dass ich nicht zum Tode verurteilt war“, erinnert sich der Pater. „Ich durfte im Dialog den Frieden erleben.“ Denn sein Gegenüber habe nicht mit Gewalt reagiert.
Sein Leben verdankt er der Tatsache, dass er selbst nie gegen den IS gekämpft hat, sondern immer um Versöhnung bemüht gewesen sei. Für ihn und seine Gemeindemitglieder endete die Geiselhaft auf die Weisung eines Kalifen hin. Mit Hilfe einiger befreundeter Muslime gelang dem Ordensmann schließlich die Flucht. „Das, was wir erlebt haben, ist besonders, aber auch sehr selten“, war sich Pater Jacques bewusst. Der Schmerz dieser Zeit sei zwar noch da: „Im Nachhinein ist die Erfahrung der Gefangenschaft aber eine Zeit der Gnade“, betonte der Geistliche, der seine Erlebnisse in dem Buch „Ein Mönch in Geiselhaft“ aufgeschrieben hat.
Pater Jacques rief in der Überwasserkirche zu Gewaltlosigkeit, Begegnung und Vergebung auf. „Die Liebe und Güte haben am Ende das letzte Wort“, betonte er und schloss mit einem Friedensgebet, das für ihn „der einzige Weg ist, um die Erde mit dem Himmel zu verbinden“.
Weihbischof Dr. Stefan Zekorn, der den syrischen Pater in Münster begleitete, dankte ihm für sein bewegendes Zeugnis. An Pater Jacques‘ Erfahrungen könne man sehen, welche Bedeutung Dialogbereitschaft und Gewaltlosigkeit haben. „Auch, wenn wir uns glücklicherweise nicht in einer solchen Extremsituation befinden wie sie hinter Pater Jacques liegt, können wir versuchen, aus dem Dialog und Frieden heraus, aus der Nicht-Aggressivität und der Waffenlosigkeit zu leben“, ermutigte Zekorn.
Ann-Christin Ladermann