Ruth Kubina leitet die Telefonseelsorge Münster

, Stadtdekanat Münster

Es ist still im Raum der Telefonseelsorge Münster – bis ein Anruf eingeht. Eine Ehrenamtliche hebt ab, irgendwo sucht jemand ein offenes Ohr. Vielleicht in einer schlaflosen Nacht, vielleicht in einer schweren Stunde. Rund um die Uhr, auch an Feiertagen, sind etwa 90 Ehrenamtliche im Wechsel da, damit niemand allein bleibt.
 

Ruth Kubina, die neue Leiterin der Telefonseelsorge Münster, wird den neuen Ausbildungskurs für Ehrenamtliche, der im März 2026 beginnt, gemeinsam mit ihrem Kollegen Peter Pattmöller leiten.

© Bistum Münster

Seit Oktober leitet Ruth Kubina die ökumenische Einrichtung. „Mich reizt, dass Kirche hier Menschen wirklich begegnet – offen und ohne Hürden“, sagt die Theologin und Supervisorin. Wer bei der Telefonseelsorge anruft, bleibt anonym – ebenso wie die Ehrenamtlichen, die am anderen Ende zuhören. „Das schützt beide Seiten und ermöglicht Offenheit“, erklärt die 38-Jährige. Denn viele Anrufende suchten kein Gespräch mit Bekannten, sondern jemanden, der wirklich zuhört, ohne zu urteilen. „Hier kann ich aussprechen, was ich mich sonst nicht traue, weil es Folgen hätte“, habe einmal ein Anrufender gesagt.

Die Themen reichen von Einsamkeit und familiären Konflikten bis zu Depression und Suizidgedanken. Auch Migrationserfahrungen, Arbeitsstress und die Pflege Angehöriger seien häufige Themen. „Die gefühlte Einsamkeit nimmt zu“, ist Ruth Kubina überzeugt. „Gleichzeitig gibt es auch neue Formen, einander zu begegnen – von Plauderbänken bis Online-Foren. Beides spiegelt sich bei uns am Telefon.“ Das spiegelt sich auch in der Arbeit der Telefonseelsorge: Neben dem klassischen Anruf gibt es heute auch Mail- und Chat-Seelsorge sowie eine Krisen-App – vor allem für jüngere Menschen.

„Es war ein ereignisreicher erster Monat“

Ruth Kubina kennt kirchliche Seelsorge seit vielen Jahren. 13 Jahre arbeitete sie zuvor als Theologin und Referentin im Priesterseminar Borromaeum. Nun freut sie sich auf die neue Herausforderung in der Telefonseelsorge. „Es war ein ereignisreicher erster Monat“, schaut sie zurück. Ihr Blick richtet sich besonders auf die Menschen, die den Dienst tragen: die Ehrenamtlichen. „Ich habe großen Respekt davor, was sie hier leisten“, betont Ruth Kubina. „Wer am Telefon sitzt, weiß nie, was ihn gleich erwartet. Das ist eine enorme Herausforderung – und ein großes Stück Vertrauen in das Leben und die Menschen.“ Dass der Dienst rund um die Uhr, selbst an Heiligabend übernommen wird, sei „Seelsorge in ihrer reinsten Form“.

Für die neue Leiterin ist die Telefonseelsorge ein Beispiel dafür, wie Kirche heute wirken kann. „Dieses Dasein, dieses Zuhören ist zutiefst christlich und offen für alle.“ Die Telefonseelsorge Münster ist ökumenisch getragen und mit anderen Stellen in Deutschland und weltweit vernetzt: „Das zeigt, wie universell das Bedürfnis nach einem offenen Ohr ist.“

Neuer Ausbildungskurs im März 2026

Damit das Zuhören weitergeht, startet im März 2026 ein neuer Ausbildungskurs für Ehrenamtliche. Erstmals wird Ruth Kubina die Ehrenamtlichen gemeinsam mit ihrem erfahrenen Kollegen Peter Pattmöller ausbilden. Der Kurs erstreckt sich über rund anderthalb Jahre und umfasst 180 Stunden – eine intensive Zeit, in der die Teilnehmenden Schritt für Schritt in ihre Aufgabe hineinwachsen. 

„Am Anfang steht immer die Selbsterfahrung“, erklärt Ruth Kubina. „Wer anderen zuhören will, sollte wissen, was ihn selbst bewegt und wo die eigenen Grenzen liegen.“ Im weiteren Verlauf gehe es darum, eine Haltung des aufmerksamen, respektvollen Zuhörens einzuüben – also Gespräche zu führen, ohne vorschnell Lösungen zu liefern oder Ratschläge zu geben. „Manchmal ist das Aushalten wichtiger als das Antworten“, sagt sie.

Erst danach folgt die Praxis: Hospitationen bei erfahrenen Ehrenamtlichen, eigene Schichten am Telefon und begleitende Supervision, in der die Erfahrungen gemeinsam reflektiert werden. „So wachsen die Teilnehmenden langsam in die Rolle hinein, finden Sicherheit und lernen, auf ihre eigene innere Stimme zu hören“, beschreibt Ruth Kubina.

Im Februar findet ein erster Praxistag für Interessierte statt. Anmeldungen sind bis Ende Januar in der Geschäftsstelle der Telefonseelsorge möglich.

Ann-Christin Ladermann