Schulleiter der Friedensschule geht in den Ruhestand

, Stadtdekanat Münster

Ulrich Bertram ist gerne mittendrin. Der Schulleiter der Friedensschule mag es, wenn er morgens beim Betreten der Schule nach seinem Wochenende gefragt wird, wenn ihn der Kollege mit dem Fußballergebnis aufzieht und die Schülerin ihm beim Mittagessen in der Mensa erzählt, wie es ihrem Meerschweinchen geht. „Das werde ich sehr vermissen“, ist sich der 63-Jährige sicher. Zum Schuljahresende, am 19. Juni, wird Bertram in den Ruhestand verabschiedet – nach 15 Jahren als Leiter der einzigen bischöflichen Gesamtschule im Bistum Münster.

Ulrich Bertram wird nach 15 Jahren als Schulleiter der bischöflichen Friedensschule verabschiedet.

© Bistum Münster

„Ich habe großes Glück sagen zu können, dass meine letzte berufliche Station meine beste war“, blickt er dankbar auf einige herausfordernde und unzählige erfüllende Momente an der Friedensschule zurück. Dass er mal eine Schule mit 1500 Kindern, 130 Lehrkräften und 30 weiteren Mitarbeitenden leiten würden, hätte er früher nicht gedacht. „Ich wollte Tischler werden, dann Kunstgeschichte studieren und als Restaurator arbeiten“, blickt er zurück. Zum Lehrerberuf kam er über die Bundeswehr. Damals übernahm Bertram nach seiner Grundwehrzeit den Unterricht der Soldaten, vermittelte ihnen Wissen über Bürger- und Menschenrechte, Nato und Demokratie. „Das wollte sonst niemand machen“, erinnert er sich lächelnd. Der langjährige Hamburger dagegen entwickelte Freude an der Aufgabe – und studierte Englisch und Geographie auf Lehramt. Warum diese Kombination? „In den Fächern hatte ich die besten Lehrer.“

Zehn Jahre unterrichtete er an seiner früheren Schule in Hamburg, davon ein Jahr als Austausch-Lehrer an einem College in Atlanta, dann brauchte er eine Veränderung. Mit seiner Familie zog er 1998 nach Münster und begann als schulfachlicher Referent in der Schulabteilung des Bischöflichen Generalvikariates. 2008 wurde Klaus Herold, Bertrams Vorgänger, in den Ruhestand verabschiedet – Bertram bewarb sich und bekam die Stelle als Schulleiter, von der Verwaltung zurück ins Schulgebäude. „Das war eine Umstellung“, sagt er mit Blick auf die Größe der Schule. An die Sommerferien vor seinem Stellenantritt erinnert er sich besonders gut: „Ein Lehrer hatte mir die Namen und Fotos der neuen 130 Kolleginnen und Kollegen in Form eines Kartenspiels zusammengestellt und ich habe stundenlang Namen gepaukt und mir Gesichter eingeprägt.“ Bertrams Anspruch an sich selbst: „Der Mensch hat einen Namen und damit möchte ich ihn ansprechen.“

„Ohne dieses großartige Team hätte ich meinen Job niemals auf diese Weise ausfüllen können.“

Seinen eigenen Respekt und die Ehrfurcht vor den Herausforderungen, die die Größe der Schule mit sich bringt, hat Bertram bei den meisten der 90 Kollegen und Mitarbeitenden, die er in den 15 Jahren eingestellt hat, auch entdeckt. „Weil jeder diese Gefühle zu Beginn kennt, ist die Unterstützung gerade für neue Lehrkräfte riesig“, weiß Bertram. Hilfsbereitschaft und Solidarität zeichneten das Kollegium und das Team aus Sozialarbeitern, Psychologen, Hausmeistern, Verwaltungsangestellten und Küchenmitarbeitenden aus, sagt der scheidende Schulleiter voller Dankbarkeit: „Ohne dieses großartige Team hätte ich meinen Job niemals auf diese Weise ausfüllen können.“

Die Feierlichkeiten zum 50-jährigen Jubiläum der Friedensschule 2019, hier im Anschluss an den großen Jubiläumsgottesdienst im St.-Paulus-Dom, zählten zu den Höhepunkten für Ulrich Bertram.

© Bistum Münster

Auf viele Meilensteine kann Bertram zurückblicken, die er gemeinsam mit den Kollegen gemeistert hat. Die umfangreiche Sanierung von Teilen des Schulgebäudes, der personelle Umbau mit vielen neuen Kollegen, die Corona-Pandemie und nicht zuletzt die Integration von geflüchteten Schülerinnen und Schülern und der Aufbau der internationalen Klassen. Große Momente sind damit verbunden, an die der Schulleiter gerne zurückdenkt. „Als die ersten Flüchtlinge, die wir 2015 aufgenommen haben, ihre Abschlüsse erhalten haben, war das unheimlich bewegend für uns alle“, sagt Bertram nicht ohne Stolz. Jungen Menschen zu einer Lebensperspektive zu verhelfen, erfüllt ihn bis heute. 

„Ich würde mir wünschen, dass das Bistum mehr Gesamtschule wagt“

Die Friedensschule als Gesamtschule habe dafür großes Potenzial: „Ich würde mir wünschen, dass das Bistum mehr Gesamtschule wagt“, hatte Bertram Münsters Bischof Dr. Felix Genn schon beim 50-jährigen Schuljubiläum 2019 mit auf den Weg gegeben. Eine Gesamtschule mit der Offenheit für die Schulabschlüsse sei Ausdruck einer christlichen Sichtweise, ist er überzeugt. „Das Bewusstsein zu haben, dass jede Schülerin und jeder Schüler ein Geschöpf Gottes ist, für das wir verantwortlich sind, und dass jede und jeder mit einem Schulabschluss – zumindest aber mit einem Mehr an Wissen, Lebenserfahrung und Gemeinschaftssinn – ins Leben ziehen kann, um den eigenen Weg zu finden“, das zeichnet die Friedensschule aus Sicht des scheidenden Schulleiters aus.

Wenn der Schulbetrieb nach den Sommerferien wieder startet, wird Bertram mit seiner Frau verreist sein. „Nachher würde ich mich sonst noch aufs Fahrrad setzen und aus Gewohnheit losfahren“, sagt er lachend. Vieles wird er vermissen, doch die Vorfreude auf den neuen Lebensabschnitt ist da. Für einen Französisch-Sprachkurs hat er sich schon angemeldet, auch mehr Zeit für seine Leidenschaft, die Kunst, hat er fest eingeplant. Und ein Ehrenamt wird sich Bertram auch noch suchen: „Aber außerhalb von Schule“, kündigt er mit einem Schmunzeln an. 

Ann-Christin Ladermann