Sie blickt aus dem Fenster hinaus über die Dächer von Griethausen. Eigentlich wollte sie nach Brasilien oder Afrika in die Mission gehen, das war ihr Ziel, als sie als junge Frau zu den „Missionsschwestern der unbefleckten Empfängnis der Mutter Gottes“ ging. Tatsächlich stand ihr Abflug nach Namibia schon fast unmittelbar bevor, doch dann wurde sie gebeten, statt nach Afrika an den Niederrhein zu fahren. Dort werde sie dringend gebraucht. 14 Tage habe es gedauert, blickt die inzwischen 82-Jährige zurück, dann habe sie gedacht: „Hier ist es schön. Hier bin ich zuhause.“ Der Dialekt am Niederrhein war für die aus Bad Lippspringe stammende Frau zwar anfangs „seltsam“, wie sie lachend zugibt, „aber die Menschen hier waren so herzlich.“
Und Mission könne sie schließlich überall leisten, „das ist da, wo ich arbeite. Erst in Münster, dann in Griethausen“, machte sie sich schließlich bewusst. 45 Jahre ist das alles sehr, seither lebt Schwester Rita am Niederrhein. Sie weiß, dass „De Wölfkes“ zum Karneval heulen ¬– und die Karnevalisten wissen, dass die Ordensfrau auch mal einen selbst aufgesetzten Likör spendiert. Schwester Rita lacht. „Feiern habe ich hier gelernt. Wir haben gute Feste gefeiert hier.“ So wie 2011, zur Goldprofess, ihrem 50-jährigen Ordensjubiläum. Gerne erinnert sich Schwester Rita an diesen Tag zurück.
Vor allen Dingen aber hat sie viel gearbeitet im St.-Josef-Haus. Zunächst in der Pflege, von 1979 bis 2003 schließlich als Heimleiterin. Sich um kranke, alte und sterbende Menschen zu kümmern, das ist für Schwester Rita eine Form der Seelsorge. „Manche Nacht habe ich mich bei sterbenden Bewohnern an das Bett gesetzt, habe mit Angehörigen gesprochen“, erzählt sie. Das sei manchmal an die Substanz gegangen, gibt sie zu, aber etwas habe sie getröstet: „Ich wusste, dass diejenigen, die gestorben sind, nun am Ziel angekommen sind.“ Und so wurde für jeden Verstorbenen eine Andacht in der Kapelle gefeiert ¬– auch das zählte zu den Aufgaben der Ordensfrau.
Doch bei allen Festen, aller Arbeit und allem Heimatgefühl, in der letzten Zeit ist es ruhig geworden in der Schwesternwohnung. Anfangs lebten sie mit acht Frauen dort, vor sechs Jahren ist ihre letzte Mitschwester gestorben. „Am Ende habe ich die Gemeinschaft vermisst“, sagt Schwester Rita nachdenklich. Über Weihnachten war sie eine Woche lang in Münster, danach fiel der Entschluss, zurück zu den anderen Schwestern zu ziehen. Dass die Umstellung anfangs kaum leicht fallen wird, weiß die 82-Jährige – und doch freut sie sich auf das neue Leben in der Gemeinschaft.
Wer sich von Schwester Rita verabschieden möchte, hat Gelegenheit dazu am Sonntag, 30. September. In dem Gottesdienst, der um 10.30 Uhr in Griethausen beginnt, wird ihre Verabschiedung gefeiert. Bewohner und Mitarbeiter des St.-Josef-Haus werden Schwester Rita schon am Donnerstag, 27. September, Lebewohl sagen.
Christian Breuer