
Sebastian Seidel
© Privat„Die Würde des Menschen ist unantastbar“: Das ist der erste und wichtigste Satz unserer Verfassung. Auf ihm fußt unser gesamter Staatsaufbau – auf ihm fußt die „freiheitlich demokratische Grundordnung“. Eine Änderung des Grundgesetzes, die diese Grundsätze berührt, ist unzulässig.
Der Theaterschriftsteller George Tabori hat einmal gesagt, dass jeder jemand ist. Aber es gibt wieder welche in unserem Land, für die sind einige niemand. Es gibt einige in der Welt, für die sind einige niemand. Und vielleicht gibt es deshalb in der Welt so viele Kriege und Konflikte. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und die Situation im Nahen Osten sind uns die präsentesten.
Verstehen kann ich das nicht. Denn wir dürfen doch alle davon ausgehen, dass auch in den entferntesten Ländern dieser Erde den Menschen bewusst ist, dass ein Krieg keine Gewinner kennt, sondern nur Verlierer. Aber es gab schon immer Kriege und Konflikte. Und leider wird es sie vermutlich immer geben.
Was könnten wir Menschen erreichen, wenn das ein Ende hätte? Wir haben doch so große Herausforderungen: Klimawandel, Versorgung der Menschen mit Wasser und Nahrungsmitteln, nachhaltige Energieversorgung. Die Liste könnte ich um viele Punkte erweitern.
Doch leider machen sich in der Welt immer mehr Populismus, Desinformation und Spaltung breit. Dass Gewalt keine Lösung ist, wie wir es alle schon in unseren Kindertagen beigebracht bekommen, scheinen einige zu verdrängen. Manchmal ist bin ich fast ohnmächtig in meiner Fassungslosigkeit.
Aber schauen wir einmal, welche Protagonisten zurzeit an den Schalthebeln der Macht sitzen. Dann müssen wir uns nicht wundern. Egal, wen wir in den Blick nehmen: Sie alle eint das Streben nach ihrem eigenen Vorteil.
Dabei muss doch auch diesen Personen klar sein, dass alle Herausforderungen, die vor uns liegen, uns nur gemeinsam gelingen können. Dafür muss ich aber sprechfähig sein und ein wichtiges Werkzeug bedienen können: den Kompromiss, bei dem jeder von seiner Maximalposition abrücken können muss. Denn er ist Kern des Miteinanders und eben auch Kern einer Demokratie und somit von Frieden und Freiheit.
Gott sei Dank leben wir in Deutschland in Frieden und Freiheit. Dass es so bleibt, ist keine Selbstverständlichkeit. Daran müssen wir jeden Tag aufs Neue alle miteinander arbeiten. Und wo können wir das am besten tun? Natürlich dort, wo wir wohnen und leben.
Als Bürgermeister erlebe ich in unserer politischen Debattenkultur hier vor Ort ein gutes Miteinander. Die Entscheider sind nämlich bereit, aufeinander zuzugehen und den Kompromiss zu suchen.
Am 14. September werden in den Kommunen in Nordrhein-Westfalen die Karten neu gemischt. Die Bürgerinnen und Bürger wählen ihre Landräte und Landrätinnen, Oberbürgermeister und Oberbürgermeisterinnen, Bürgermeister und Bürgermeisterinnen sowie die Mitglieder von Kreistagen, Räten und Bezirksvertretungen. Das sind wichtige Entscheidungen.
Wir können froh sein, dass wir dieses Recht – für mich eher eine „dankbare Pflicht“ – haben. Ich kann jeden ermuntern, sein Wahlrecht zu nutzen. Denn wer nicht wählen geht, stärkt die, die er nicht stärken will.
Und eines sollten wir bei unserer Wahlentscheidung immer bedenken: Die Würde des Menschen ist unantastbar, denn jeder ist jemand!
