Telgter fährt 650 Kilometer mit Fahrrad zum Katholikentag

, Kreisdekanat Warendorf

Sein „Pony“, so nennt Franz-Josef Unnewehr sein Fahrrad nach der gleichnamigen Marke liebevoll, hat wieder einmal gute Dienste geleistet. „Ein unvergessliches Erlebnis“ liegt hinter dem 75-jährigen Telgter. Zusammen mit 23 Frauen und Männern ist er mit dem Fahrrad von Münster nach Stuttgart zum 102. Katholikentag gefahren. 650 Kilometer in zehn Tagen.

Franz-Josef Unnewehr auf dem Schlossplatz in Stuttgart: Nach 650 Kilometern per Rad ist der 75-Jährige beim Katholikentag angekommen.

© Bistum Münster

Ab und zu ein platter Reifen gehört dazu: Bei jedem Problem unterstützten sich die Radpilgerinnen und -pilger gegenseitig.

© privat

Unnewehr ist passionierter Radfahrer. Fast 25 Jahre lang fuhr er mit dem Rad von Telgte nach Münster zur Arbeit. Mehrmals schon radelte er bei der bekannten Osnabrücker Wallfahrt zusammen mit hunderten Zweirad-Pilgerinnen und -Pilgern von Osnabrück nach Telgte. Bei einer dieser Wallfahrten lernte er Ansgar Hagemann kennen, der seit mehr als 20 Jahren Pilgerreisen mit dem Rad zu allen größeren Kirchenevents Deutschlands plant. Startpunkt ist jeweils die Stadt, in der der letzte Kirchentag stattgefunden hat. Das perfekte Angebot für Franz-Josef Unnewehr, der zum ersten Mal von Leipzig nach Münster mitradelte. „Die Kombination aus Sport, Kultur und Religion ist einmalig“, ist der Rentner begeistert, der in Telgte in der Wallfahrtsgilde engagiert ist. 

Nach dem Reisesegen von Münsters Stadtdechant Jörg Hagemann machten sich die Radpilger am 16. Mai auf den Weg nach Stuttgart. Schon die erste Station in Menden fiel buchstäblich ins Wasser: „Nach Unwettern und Starkregen stand alles unter Wasser, die Feuerwehr hatte alle Hände voll zu tun“, erinnert sich Unnewehr. Die Stimmung in der Gruppe konnte das nicht trüben: „Wir waren hochmotiviert und am nächsten Tag war der Regen schnell vergessen.“ Weiter ging es an den Flüssen entlang durch das Sauerland über Siegen bis nach Limburg an der Lahn, dazwischen Stadtführungen und Museumsbesuche. Während ein Teil der Gruppe die Nächte in Hotels und Pensionen verbrachte, kam Unnewehr zusammen mit fünf weiteren Männern in Gemeinde- und Pfarrhäusern unter. „Isomatte und Schlafsack reichen aus“, spricht der Profi. Die Radfahrer überquerten den Taunus, ließen Wiesbaden hinter sich, radelten den Rhein hoch über Mainz, Worms und Speyer. In Ludwigsburg übernachtete die Gruppe das letzte Mal, bevor sie am 25. Mai – pünktlich zum Start des Katholikentages – in Stuttgart eintraf. 

Jeden Tag feierten die Radpilger Gottesdienst und holten sich den Segen für die bevorstehende Etappe ab. „Das gibt einem Kraft, denn man weiß: Man fährt nicht alleine, da ist noch jemand mit dabei“, sagt Unnewehr und zeigt gen Himmel. Und auch Schutzengel hatten die Pilger reichlich: „Es gab kaum Zwischenfälle“, ist der 75-Jährige dankbar für den guten Verlauf der Tour. Hier und da ein Platten und ein Sturz einer Mitpilgernden, die daraufhin einen Tag aussetzte und mit dem Zug zur nächsten Station fuhr. Ereignisse, die die Gruppe zusammenschweißen: „Jeder schaut, wo er helfen kann, wie er unterstützen kann“, berichtet der Telgter. 

Besonders beeindruckt war Unnewehr von der Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft der Menschen vor Ort. Eine Begegnung in einer Dorfkneipe bezeichnet er als Fügung – zu einem Zeitpunkt, als das Rad eines Mitpilgernden immer öfter streikte. „Als es darauf zu sprechen kam, hat ein Einheimischer gesagt, dass er im Keller ein Fahrrad stehen hat, das er nicht mehr braucht. Für 100 Euro hat mein Kollege auf diesem Wege ein Top-Rad ergattert, mit dem er die Tour fortgesetzt hat“, blickt Unnewehr zurück. Sowieso seien die Gespräche in der Gruppe und die gemeinsamen Abende mit Gastgebenden besonders schön gewesen, sagt der Telgter und denkt dabei zum Beispiel an einen Grillabend bei Verwandten eines Mitpilgernden in Wiesbaden. 

Das überwiegend gute Wetter – und natürlich die Stimmung – hielt auch nach der Ankunft in Stuttgart weiter an. „Ich hatte drei traumhafte Tage beim Katholikentag“, zieht Unnewehr ein Fazit. Nach der Ankunft am 25. Mai gestaltete jeder Radpilger die Tage für sich. Unnewehr übernachtete bei Privatpersonen etwas außerhalb der württembergischen Hauptstadt: „Das hatten Bekannte aus Telgte für mich organisiert“, sagt er. Gottesdienste, ein Besuch auf der Kirchenmeile und natürlich das besondere Katholikentags-Flair – mit all dem im Gepäck machte sich der Telgter spätabends am 27. Mai wieder auf den Heimweg. Diesmal aber mit dem Zug.

Ann-Christin Ladermann