„Ich halte Illustrationen für eine der besten Arten des Dialogs, die für jeden verständlich ist und eine wichtige Waffe an der Informationsfront darstellt“, erklärt Albina Kolesnichenko. Die 28-Jährige ist Lehrerin für bildende Kunst und illustriert Bücher, Zeitschriften, Marken und Werbekampagnen – seit dem Krieg vor allem mit einer sozialen Ausrichtung, für internationale Ausstellungen, Auktionen und Wohltätigkeitsinitiativen. Auch für die Ausstellung in der Überwasserkirche verlangen Albina Kolesnichenko und ihre Kolleginnen kein Honorar – die erbetenen Spenden kommen Projekten und Partnern zugute, für die sich die ukrainische Gemeinde in Münster und der ukrainische Verein Münster einsetzt. Koordiniert wird die Spendenaktion „Nothilfe Ukraine“ des Bistums Münster von Mariya Sharko, gebürtige Ukrainerin und Mitarbeiterin der Fachstelle Weltkirche und globale Zusammenarbeit im Bischöflichen Generalvikariat Münster. Sie hat neben der Organisation der Ausstellung auch den Druck einiger Motive im Postkartenformat veranlasst, die gegen eine Spende mitgenommen werden können.
„Der Krieg ist nicht vorbei“, erklärt Mariya Sharko eine Intention der Ausstellung, die auf den Krieg und die Folgen – besonders für Kinder – aufmerksam machen möchte. „Noch immer fallen fast täglich Bomben und Raketen auf das Land, es sterben Menschen, viele müssen ihre Häuser verlassen“, weiß sie aus Gesprächen. Die vielen Kontakte zu geflüchteten Frauen und ihren Kindern führen ihr die Herausforderungen dieser Menschen stets vor Augen: „Sie fühlen sich hier sicher, aber keineswegs heimisch“, hat sie Verständnis für die schwierige Situation der Geflüchteten.
Albina Kolesnichenko hat die ersten drei Wochen nach Kriegsausbruch in einem Luftschutzkeller verbracht. Später, als Strom, Gas und Internet in ihrer Heimatstadt Tschernihiw ausfielen, ihre Haustiere durch die starken Explosionen starben und eine Bombe das Haus ihrer Mutter traf, wurde sie evakuiert. „Ich habe verstanden, dass wir unsere Häuser verlieren, aber wir werden unser Zuhause nie verlieren. Die Heimat in unseren Herzen ist unser Land.“ Früher malte die junge Künstlerin die Natur, den Frühling, das sorglose Leben. „Seit dem 24. Februar 2022 handeln meine Zeichnungen vom Leben vor dem Hintergrund des Krieges und vom Krieg vor dem Hintergrund des Lebens“, sagt sie. Es sind ihre persönlichen Erfahrungen mit dem, was sie täglich umgibt: „Angst, Verzweiflung und Hilflosigkeit, aber auch Wut, Zuversicht und ein Gefühl der Unzerstörbarkeit. Der Mut der Menschen, die ukrainische Kultur und Geschichte inspirieren mich.“
Es sind die Kinder, die die Künstlerinnen in ihren Bildern in der Überwasserkirche in den Mittelpunkt setzen, aber auch die kleinen Zeichen, die Mut machen und Hoffnung auf Veränderung bringen. „Die Illustrationen sollen bewegen und zum Nachdenken anregen“, erklärt Mariya Sharko abschließend.
Informationen
Die Ausstellung wird am Mittwoch, 3. Mai, um 17 Uhr in der Überwasserkirche eröffnet. Neben Vertretern der Fachstelle Weltkirche, des Vereins Ukrainische Sprache und Kultur und der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser wird auch die ukrainische Künstlerin Nataliia Jordan teilnehmen, die ihre Heimatstadt Kharkiw aufgrund des Krieges verlassen musste und jetzt in Münster lebt. Die musikalische Begleitung übernimmt der Chor „Tschervona Kalyna“, gegründet von den Ukrainerinnen und Ukrainern, die seit Beginn des Krieges in Münster leben, unter der Leitung von Svitlana Shurova. Am Sonntag, 4. Juni, endet die Ausstellung.
Am Mittwoch, 24. Mai, findet um 20 Uhr aus Anlass der Ausstellung ein Konzert vom Kammerchor „Sophia“ aus Kyiw in der Überwasserkirche statt. Der Kammerchor ist eine einzigartige, kreative Formation, die Künstlerinnen und Künstler aus dem Wunsch heraus vereint, gemeinsam inspirierende und prägende Chormusik zu schaffen. Unter der Leitung von Oleksiy Shamrytskyi nimmt der Chor seit mehr als zehn Jahren regelmäßig und erfolgreich an Festivals teil und gewann zahlreiche Preise in verschiedenen Ländern Europas. Auch hier ist der Eintritt frei, um Spenden für die Künstler in der Ukraine wird gebeten.
Ann-Christin Ladermann