Weihbischof Lohmann über den heiligen Norbert und die Lage der Kirche

, Bistum Münster, Kreisdekanat Kleve, Kreisdekanat Wesel

In einem feierlichen Gottesdienst hat Weihbischof Rolf Lohmann, Regionalbischof für den Niederrhein und Recklinghausen, am 6. Juni im Xantener St.-Viktor-Dom des Heiligen Norbert gedacht. Norbert hatte im zwölften Jahrhundert als Kanoniker in Xanten gelebt und starb am 6. Juni 1134 in Magdeburg.

Porträtfoto von Weihbischof Rolf Lohmann

Weihbischof Rolf Lohmann

© Bistum Münster / Harald Oppitz

Er sei „ein wirklicher Reformer gewesen“, sagte Lohmann, der den Bogen in die heutige Zeit schlug. „Was sagt uns Norbert in dieser Stunde kirchlicher Geschichte, die ja von Chaos, Mutlosigkeit und Frustration geprägt ist? Das war für mich gestern ein wichtiger Hintergrund, als ich über ihn, sein Leben, sein Wirken als Kanoniker hier in Xanten und später als Erzbischof von Magdeburg nachgedacht habe und selbstkritisch auf meinen eigenen Dienst als Weihbischof hier in der Region und insgesamt auf die Situation der Kirche nach dem angebotenen Rücktritt von Kardinal Marx, mit dem ich seit vielen Jahren befreundet bin, blicke“, erklärte der Weihbischof.

„Wir haben von Gott als Auftrag bekommen, uns zu kümmern und da zu sein, vor allem seelsorglich-pastoral im Blick auf alle Menschen, egal, wie sie denken, was sie machen, wie sie orientiert sind. Wir sollen uns kümmern und da sein. Wie stark kommen wir, egal ob als Bischöfe, Priester, Haupt- und Ehrenamtliche dem noch wirklich nach?“, fragte er und ergänzte: „Wir brauchen einen neuen Dialog mit den Menschen, mit ihrem Denken, mit ihrer Sehnsucht nach Spiritualität, mit der Hoffnung auf eine Kirche, die vom Evangelium her denkt und handelt und da ist, wo sie gebraucht wird, ob angefragt oder nicht.“ In dieser Situation sei ihm der Heilige Norbert „äußerst sympathisch, weil er bereit war, aufzuräumen, zu erneuern, auf das zu zeigen, was danebengegangen ist, auch im Miteinander der Kanoniker hier vor Ort. Er hat den Finger in die Wunde gelegt“.

Die „Wunde im Leib der Kirche“ sei nun „riesengroß“ geworden. Kardinal Reinhard Marx habe gesagt, dass die Kirche „an einem toten Punkt“ angekommen ist. „Was machen wir damit? Was machen wir daraus? Einfach weiter wie bisher – Traditionen wahrend – Strukturen erhaltend – starr und unbeweglich – nicht hörend auf das Rufen und die Mahnungen des Kirchenvolkes, von denen sich viele einbringen möchten und ihre gläubige Expertise zur Verfügung stellen wollen, aber nicht mehr einverstanden sind mit den alten Antworten auf Fragen einer sich rasch verändernden Welt“, fragte Lohmann.  Die Kirche in Deutschland sei im Lernen aus der Missbrauchskrise bewusst den synodalen Weg gegangen, „um die ,heißen Eisen‘ anzupacken in der Erkenntnis, hier liegen die Ursachen einer gefährlichen systemischen Vorgehensweise, die zu beheben sind“. Es tue ihm leid, dass Kardinal Marx als „einer der Befürworter und Motoren dieses Weges“ nun dem Papst seinen Rücktritt angeboten hat. „Ich meine, dass wir Leute wie ihn brauchen bei der Lösung der vielen, oft überfälligen Fragestellungen in unserer Kirche“, bekräftigte der Weihbischof.

Gott wolle die Menschen sammeln und versammeln, „in all ihrer Unterschiedlichkeit und Originalität, mit ihren Fehlern, Schwächen, Stärken und Talenten. Und ich sehe darin die Aufgabe, die wir zu schultern haben in unseren Gemeinden, Diözesen und in der Weltkirche insgesamt“, betonte Lohmann. „Es muss Schluss sein mit dem Kreisen um uns selbst, wir brauchen einen neuen Dialog mit den Verlorengegangenen, den Vertriebenen, den Verletzten, und wir dürfen uns nicht zu schade sein, diesen zu führen und bewusst zu gehen. Die Menschen haben ein Anrecht darauf. Ich will keine Kirche, die sich sektiererisch aufführt und Menschen ausgrenzt und verletzt. Ich möchte, dass alle bei uns ihren Platz finden und ich möchte, dass unser Maßstab das Evangelium ist und bleibt.“

Norbert von Xanten habe deutlich gemacht, wo Grenzen überschritten und wo Reformen überfällig sind. Weihbischof Lohmann forderte die Gläubigen auf, an einer neuen anderen glaubwürdigen Kirche zu bauen, „damit sie weg kommt von diesem ,toten Punkt‘ zu einem Aufbruch hin zu den Menschen, ihren Fragen und Anliegen und sie aufzeigt, dass sie auf eine gute Weide führen will und dabei die echte Sorge um alle im Vordergrund steht“.

Christian Breuer