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Weihbischof Rolf Lohmann: „Wir brauchen eine neue Werteordnung“

, Kreisdekanat Kleve, Kreisdekanat Recklinghausen, Kreisdekanat Wesel

In seiner Weihnachtspredigt hat Weihbischof Rolf Lohmann im Xantener Dom dem Dunkel in der Welt das Versprechen, dass Gott in die Welt kommt, entgegengestellt. „Das Dunkel kennen wir“, sagte der Regionalbischof für den Niederrhein und Recklinghausen und nannte unter anderem den Krieg in der Ukraine, die Klima- und Umweltkrise, zunehmende Angst und Hoffnungslosigkeit und auch die Krise der Kirche durch die Missbrauchsfälle. Zudem gebe es in der Kirche eine „mangelnde Reformbereitschaft, die die Menschen satt haben und die die Glaubwürdigkeit nicht fördert“. 

Oft würden die Menschen Angst erleben, allein und hilflos sein. Betrachte man die Schere zwischen Arm und Reich, könne man nicht von einer gerechten Welt sprechen. „In diese Welt, die gespalten ist in Arm und Reich, in Macht und Ohnmacht, kommt Gott selbst“, betonte Lohmann: „Er macht durch seinen Sohn seine Vorstellung vom Menschen sichtbar. Er macht sichtbar, wie die Wege zu Frieden, Gerechtigkeit und Menschenwürde aussehen. Er macht sie nicht nur sichtbar. Er geht sie selber. Wie Gott in seinem Sohn in diese Welt kommt, ohne Machtansprüche, ohne materielle Forderungen, nur als ein schwaches, neugeborenes Kind, um ein Mensch zu werden, steht im scharfen Gegensatz zu dem, wie Menschen über Menschen herrschen. Damit kehrt Gott alle Vorstellungen, die Menschen sich bis dahin über ihn gemacht haben, um. Damit kehrt er auch unsere eigenen Vorstellungen von Gott um. Es geht ihm nicht um Macht, sondern um den Dienst aneinander. Wenn wir das doch verstehen würden, wenn wir in einen wirklichen Dialog treten würden, wenn die Waffen schweigen würden, wenn wir Toleranz und Respekt einander schenken würden, was könnte das für ein Miteinander sein. Wir brauchen eine neue Welt- und Werteordnung. Das Kind von Bethlehem kann uns dabei die Richtschnur vorgeben. Der große Gott wird ein wehrloses Kind im Stall. Er herrscht nicht über die Welt, er bückt sich, macht sich klein und dient. Genau das ist der Auftrag der Kirche, nicht mehr und nicht weniger.“

Mit dem Kind in der Krippe sei jedes Kind geheiligt, egal, wo es geboren wird. Damit seien auch die, die Weihnachten feiern, aufgerufen, diese Heiligkeit der Kinder und damit das Leben selber zu schützen. An der Krippe werde sichtbar, dass jeder Mensch heilig ist: „Ob er als Hirte zu den Außenseitern und Verachteten gehört oder ob er als Weiser zu den Angesehenen gerechnet wird. Heilig ist der Mensch, der in Krankheit und Not das Ende seines Lebens ersehnt, und der, der in Gesundheit und Kraft noch alle Möglichkeiten vor sich hat. Jeder Mensch ist geheiligt, jeder Queere und Andersdenkende, an der Krippe ist er hoch willkommen“, sagte der Weihbischof.

„Menschen haben sich von diesem Kind in der Krippe, von dem Mann aus Nazareth ansprechen und erfüllen lassen und begegnen uns als überzeugende Beispiele gelebter Menschlichkeit. Das erleben wir ja auch bei uns: in unserer Gemeinde, in unserer Stadt, in den caritativen und sozialen Diensten, in der Betreuung der Flüchtlinge, im nachbarschaftlichen Füreinander.  Wenn wir wirklich etwas ändern wollen – und damit meine ich nicht schnelle Parolen, einfache Antworten, wie sie einige jetzt vorschnell in den Mund nehmen und die Sorge und Angst der Menschen ausnutzen; was wir wirklich brauchen, ist eine Schwäche für die Menschen, abzulesen an der Schwäche, die Gott für uns hat. Seine Schwäche ist die Liebe zu allen Menschen“, schloss er seine Weihnachtspredigt.

Christian Breuer