Weihnachten als Gegengewicht zur Gottlosigkeit
"Weihnachten ruft auf, es nicht mit Gottlosigkeit zu versuchen – und Gottlosigkeit regiert, wenn Menschen zerstört werden und sich jemand dabei auf Gott beruft. Dann ist Gott nur noch eine Chiffre": Das hat der Bischof von Münster, Dr. Felix Genn, an Heiligabend verkündet.
Im Gegensatz zur Gottlosigkeit rufe Weihnachten auf, "mich anders zu orientieren, nicht bloß die eigene Bedürfnisbefriedigung als letzten Lebenszweck anzusehen, sondern gerecht zu werden, besonnen die Dinge anzugehen, weil ich sie in den Zusammenhang einordne, den Gottes Weisung und Botschaft eröffne."
In der Predigt während der Christmette im St.-Paulus-Dom Münster bezeichnete Genn die Weihnachtsgeschichte als "Geschichte, die anziehend bleibt" und betonte: "Diese Geschichte – das ist Weihnachten." Die Schilderung der Geburt Jesu Christ klinge legendär und erzähle von einem geschichtlichen Ereignis, das für die ganze Welt prägend geworden sei, zu immer neuen bildlichen Gestaltungen anrege und in diesen Tagen viele Menschen anspreche.
Zugleich verband der Bischof die Beschreibung des Kindes, "das in der Krippe geboren wurde, weil es für die Familie keinen Platz in der Herberge gab" mit dem Schicksal von fliehenden Menschen heute. "Wer denkt da nicht an Asylanten und Menschen auf der Flucht? Wie viele Kinder werden wohl in unseren Tagen von Menschen geboren, die keine Heimat mehr haben, sondern unterwegs sind, um eine neue zu finden", gab er zu bedenken.
Durch ihre Einbettung in die Liturgie der Christmette werde die Tiefendimension der Weihnachtsgeschichte verständlicher. "Hier hat sie ihren Platz; denn sie ist Ausdruck eines Bekenntnisses und unseres Glaubens", führte Genn aus, "hier wird sie in Zusammenhänge hineingestellt, die noch einmal mehr erstaunen lassen, weil sie den Raum der so genannten weihnachtlichen Atmosphäre, die wir von zu Hause mitbringen, übersteigt."
Die biblischen Texten der Christmette ließen teilhaben an der "Glaubensgeschichte des Volkes Israel", das sich von Gott geführt wisse. "Er ist ein starker Gott, er ist der Ursprung von allem", erklärte der Bischof, "und wenn überhaupt Friede möglich ist, dann nur durch ihn und durch seine Weisungen und Gebote."
Einen besseren Ratgeber als diesen Gott gebe es nicht. In Jesus Christus sei Gott da, von Anfang an. "Genau darin liegt das Potenzial und die Anziehungskraft dieser Erzählung, ohne die wir uns Weihnachten nicht vorstellen können", sagte Genn, "darin liegt aber auch eine Herausforderung und Provokation."
Ein Christ müsse sich fragen, ob "ich über die Atmosphäre der guten Stube hinausgehen kann und mich einladen lasse, davon mein Leben zu prägen, es durch diese Botschaft zu formen und zu verändern – bis hin zu jenen Menschen, denen ich heute auf der Flucht begegne und solchen, die keine Herberge finden." Deshalb gehe es in der zweiten Tageslesung um Erziehung, zu der Christen "durch das Erscheinen der Gnade und Herrlichkeit Gottes aufgerufen" seien.
Weihnachten lade zu einem Bildungsprozess im Sinne einer Formung des Herzens ein. Man müsse "nicht jetzt schon alles haben", sondern könne "das Leben mit all seinen Begrenzungen annehmen" und werde fähig zu teilen.
Dieses Potenzial stecke in der Feier der Heiligen Nacht. Genn bezeichnete das Kind in der Krippe als Ratgeber, starken Gott, Vater in Ewigkeit und "Fürst des Friedens, wenn sich an Ihn nämlich alle halten würden, gäbe es weder Aleppo, gäbe es nicht Mossul oder andere Kriegsgebiete, vor allem nicht Flucht und Vertreibung."
Der Bischof betonte: "Welche Dimensionen können wir hier durchschreiten von der fast legendär anmutenden Geschichte, eine Erzählung über geschichtliche Ereignisse und Fakten, über ein Verheißungspotenzial, das stärker ist als alles, was uns nach unten zieht, hin zu einer Lebensgestaltung, die uns gar nicht traumhaft vorzukommen braucht.", Das sei möglich, wenn man sich "auf diesen Weg des Glaubens und auf diesen Prozess einlasse", selbst wenn er einem unrealistisch vorkomme.
In diesem Sinne schloss der Bischof: "Weihnachten ist die Einladung, es in den nächsten Wochen und Monaten mehr zu versuchen, diesem Projekt, Christ zu sein, zu folgen", bevor er den Gottesdienstbesuchern "ein innerlich erfülltes frohes Weihnachtsfest" wünschte.
Text: Bischöfliche Pressestelle / 24.12.16
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Foto: Stephan Kronenburg
