Wie „Liebensbriefe“ Kindern helfen, mit Abschied umzugehen

, Kreisdekanat Warendorf

Ein leichter Wind weht durch die Bäume vor der St.-Ida-Basilika in Herzfeld. Zwischen den Ästen tanzen halb-transparente Blätter, auf denen Kinder mit weißen Linien gemalt und geschrieben haben. Herzen, Regenbögen, Bilder von geliebten Menschen oder Tieren hängen in der Ausstellung „Liebensbriefe“. Mit diesem Projekt hat der Kita-Verbund St. Ida jetzt einen von drei Kreativpreisen des Bistums Münster gewonnen. 
 

Ein fünfjähriges Mädchen aus dem Kindergarten St. Ida hat als Erinnerung an ihren verstorbenen Kindergarten-Hasen „Werner“ einen Brief gemalt.

© Kita St. Ida Herzfeld

Die „Liebensbriefe“ sind Teil eines Projekts, dessen Idee auf die Münchener Kunstpädagogin Marielle Seitz zurückgeht. Liebensbriefe seien Liebesbriefe, aber auch Briefe an das Leben, erklärt Regina Feijão, die als Pastoralreferentin das Projekt gemeinsam mit ihrer Kollegin Stefanie Rosenwick begleitet hat, das Wortspiel der Künstlerin. Das Projekt setzt sich mit den Themen Abschied, Tod und Trauer auseinander – Themen, die oft schwerfallen, gerade im Gespräch mit Kindern. „Es war uns wichtig, eine Leichtigkeit in dieses schwere Thema zu bringen“, erklärt Nicole Adrian, pädagogische Fachkraft im St.-Ida-Kindergarten in Herzfeld.

In sechs katholischen Kitas und drei Grundschulen in Lippetal wurden Kinder dazu eingeladen, über ihre Gefühle zu sprechen und sie in Briefen auszudrücken. Manche schrieben an verstorbene Großeltern, andere malten Regenbögen oder Tiere. Auch der Abschied von Freunden oder der Wechsel von der Kita in die Schule spielte eine Rolle.
Damit Eltern und Erzieherinnen die Kinder gut begleiten konnten, führten die Pastoralreferentinnen im Vorfeld Teamtage in den Kindertageseinrichtungen sowie Elternabend durch und ergänzten sich dabei mit ihren Professionen (Rosenwick arbeitet in der Trauerpastoral, Feijão in der Familienpastoral). „Wir haben gemerkt, wie wichtig es ist, sich mit Trauer auseinanderzusetzen, auch wenn gerade kein akuter Anlass da ist“, sagt Theresa Bouschery, Leiterin des St.-Ida-Kindergartens.
 

Jede Kita im Verbund erhielt einen sogenannten Trostkoffer, der individuell gefüllt werden konnte.

© Kita St. Ida Herzfeld

Höhepunkt war die öffentliche Ausstellung der „Liebensbriefe“ in Herzfeld und den umliegenden Orten. Die Kinder gestalteten ihre Botschaften auf besonderen Folien, die Licht hindurchscheinen lassen – als Symbol für die Hoffnung und das Weiterleben in Erinnerungen. „Licht, dass wir jenen, die wir verabschieden mussten, wünschen – wo auch immer sie sein mögen. Die Kinder haben ihre Gedanken mit den vom Wind bewegten Blättern auf die Reise geschickt“, berichtet Regina Feijão.

Die Ausstellung wurde von vielen Menschen besucht und regte zum Nachdenken an. „Es war schön zu sehen, wie die Briefe Menschen miteinander ins Gespräch gebracht haben – quer durch Generationen“, sagt die Pastoralreferentin.

Ergänzend zu dem Projekt hat jede Kita im Verbund einen sogenannten Trostkoffer bekommen, der individuell gefüllt werden konnte. Der St.-Ida-Kindergarten hat die Materialien liebevoll ausgewählt und sich für Bilderbücher, einen kleinen Engel aus Stoff, eine Kerze, ein Flyer für ein Trauercafé und Fachliteratur entschieden. „Der Koffer kann ausgeliehen werden, wenn eine Familie oder ein Team bei einem Trauerfall in der Familie eines Kita-Kindes Unterstützung braucht“, erklärt Theresa Bouschery. „Er bietet Trost und hilft, in schwierigen Momenten ins Gespräch zu kommen.“ Schon mehrmals sei dies seit der Einführung im Frühjahr 2024 in Anspruch genommen worden. „Die Kinder haben uns gezeigt, dass Trauer nicht immer schwer sein muss“, fasst Regina Feijão die Erfahrungen zusammen. „Sie gehen so offen und natürlich damit um, dass wir Erwachsenen viel von ihnen lernen können.“

Zum ersten Mal hat das Sachgebiet Kita-Pastoral im Bischöflichen Generalvikariat im zurückliegenden Jahr den Kreativwettbewerb ausgeschrieben. „Wir wollen zum einen die Arbeit der Einrichtungen würdigen, die sie für Familien leisten, zum anderen wollen wir diese Arbeit und die vielen gute Ideen sichtbar zu machen“, nennt Sachgebietsleiter Marcus Bleimann das Ziel des Wettbewerbs. Drei der Einsendungen werden am 3. Februar von Münsters Bischof Dr. Felix Genn prämiert und erhalten jeweils eine Prämie von 1000 Euro. Die Markus-König-Stiftung unterstützt die Prämien mit je 500 Euro.

Was sie mit dem Preisgeld machen wollen, steht für den Kita-Verbund St. Ida noch nicht fest. „Wir würden gerne eine Gemeinschaftsaktion planen, damit alle Kinder etwas davon haben, denn es war ein Gemeinschaftsprojekt, das uns alle bereichert hat“, sagt Nicole Adrian.

Ann-Christin Laderamnn