Den krönenden Abschluss des Festivals bildete am Sonntagabend die Verleihung des erstmals ausgelobten Ehrenpreises an keinen Geringeren als an den national und international wirkenden Regisseur Wim Wenders. In seiner Laudatio ließ der Theologe und Filmexperte Dr. Thomas Kroll, der über Wenders Film „Der Himmel über Berlin“ seine Dissertation geschrieben hatte, einige Schaffensstationen des 73-Jährigen Revue passieren. Mehr als 40 Filme, zahlreiche Fotografien, Theater- und Operninszenierungen, mehrmaliger Vorsitzender bei Jurys großer Filmfestivals, drei Oscarnominierungen und zuletzt der Erfolg mit dem Dokumentarfilm „Papst Franziskus – ein Mann seines Wortes“. „Rund 500.000 Besucherinnen und Besucher in Kinos beim Dokumentarfilm eines deutschen Filmemachers. Das ist in meinen Augen einzigartig“, würdigte Kroll.
Doch der Papstfilm sei nicht der einzige Berührungspunkt mit Kirche und Theologie. Das Kino sei keine Kanzel, habe Wenders gesagt, aber im gleichen Atemzug sich auch dafür stark gemacht, dass spirituelle Themen in Filmen durchaus Raum greifen dürften. Wenders bezeichne sich als ‚ökumenischen Christen‘. Katholisch getauft und sozialisiert sei er 1968 aus der Kirche ausgetreten und 20 Jahre später „wie du so schön sagst, ‚durch die andere Tür des Christentums‘ wieder eingetreten in die evangelische Kirche. Du stehst öffentlich zu deinem Glauben, zu – das sind meine Worte – deiner Gottsuche, deiner Gottesbeziehung“, richtete Kroll das Wort an Wenders. So sei er einer, der mit offenen Augen durch die Welt gehe, der Menschen den Blick eines Engels nahezubringen versuche, der spirituellen Themen nicht ausweiche, der wach sei und neugierig bleibe.
Gerührt dankte Wenders den Verantwortlichen für die Auszeichnung. Zu einem Preis gehörten immer zwei. Einer, der einen Preis gebe und einer, der ihn entgegennehme. „Der, der den Preis verleiht, tut es in Achtung vor jemandem, der den Preis empfängt. Und dieser wiederum nimmt ihn auch nur, weil er von der Instanz, die den Preis vergibt, Achtung hat. Hier haben wir Kirche und Kino unter einem Hut“, sagte er und lobte das Konzept des Festivals der „Unbequemen Filme“. Heutzutage sei es nicht mehr selbstverständlich, dass das Kino Themen aufgreife, die existenzieller Natur seien. Das habe er als junger Mann anders erlebt. „Das ist im 21. Jahrhundert rar geworden. Kirche und Kino haben sich entfremdet.“ Umso mehr freue er sich über diesen Preis und auch darüber, von wem er ihn erhalte.
„Ich finde es gut, dass sich die Kirche um das Kino kümmert und genauso, dass sich das Kino um ein paar Fragen kümmert, die man der Kirche nicht allein überlassen darf“, betonte er im Gespräch. „Unbequeme Filme“ seien a priori gute Filme. Es seien Filme, die etwas hinterfragen und bei denen man nicht schon nach den ersten fünf Minuten wisse, wie sie ausgehen. „So mache ich auch selbst meine Filme. Ich wusste beispielsweise beim Papstfilm vorher nicht, was ich haben wollte. Sondern ich habe viel gefragt. Unbequeme Filme sind auch die, die sich selbst in Frage stellen.“ Er freue sich, dass es dieses Festival mit so vielen unbequemen Filme gebe, die das Publikum in bequemen Sesseln sehen könne, sagte er zum Abschluss augenzwinkernd.
Michaela Kiepe