„Manchmal habe ich das Gefühl, noch nie etwas anderes gemacht zu haben“, sagt Angelika Hoffmann und lächelt. Seit einem halben Jahr steht sie regelmäßig auf dem Friedhof, spricht über Leben und Tod – und über Hoffnung. Die 59-Jährige arbeitet als Pfarrsekretärin in der Gemeinde und ist über ihren Kontakt zum Seelsorgeteam auf die Idee gekommen, sich zur Leiterin von Begräbnisfeiern ausbilden zu lassen. „Ich finde, die Kirche muss genau da sein, wo Menschen in besonderen Lebenssituationen sind – und das ist in der Trauer ganz besonders wichtig.“
Auch für Ingrid Feldkamp ist dieser Dienst eine Herzensangelegenheit. Die 65-Jährige war jahrzehntelang Krankenschwester in der Psychiatrie. „Ich habe keine Berührungsängste mit Tod und Trauer“, sagt sie ruhig. „Es ist schön, Menschen in dieser Zeit begleiten zu dürfen – mit Worten, mit Ritualen, mit Mitgefühl.“
Eine intensive Ausbildung
Im vergangenen Jahr haben die beiden im Bistum Münster eine intensive, mehrmonatige Ausbildung absolviert – mit Wochenendmodulen und Tagesseminaren. Neben theologischen und rechtlichen Grundlagen standen auch praktische Übungen im Mittelpunkt: Rollenspiele, Trauergespräche, Ansprachen. „Ich dachte erst, es geht nur darum, wie so etwas liturgisch richtig abläuft“, erzählt Ingrid Feldkamp. „Aber das Ziel war, die eigene Sprache zu finden. Dass man echt, sich selbst treu bleibt – das fand ich großartig.“
Beeindruckt hat beide die Wertschätzung, die sie im Kurs erfahren haben. „Da war kein Schema-F-Denken“, erinnert sich Angelika Hoffmann. „Es ging darum, den eigenen Weg zu finden, damit die Menschen spüren: Das kommt von Herzen.“
Individuelle Feiern
So unterschiedlich die beiden Frauen sind, so individuell gestalten sie auch ihre Feiern. Ingrid Feldkamp bringt manchmal kleine Osterkerzen mit, lässt Angehörige das Licht entzünden. Angelika Hoffmann hingegen setzt eher auf Schlichtheit: „Weniger ist mehr. Mir ist das Segnen mit Weihwasser wichtig – das Zeichen des Kreuzes, die Erde, das Gebet.“ Beide sind sich einig: Es geht darum, den Menschen nahe zu sein, ihnen zuzuhören, Raum für ihre Trauer zu schaffen. Manche Gespräche zur Vorbereitung auf die Beisetzung dauern zwei Stunden. „Die Angehörigen haben oft viel Redebedarf“, sagt Angelika Hoffmann. „Und das ist gut so. Ich will Zeit haben für die Menschen.“
Für beide ist der Begräbnisdienst eine Fortsetzung ihres Glaubens. „Das ist eine Ausdrucksform meines Glaubens“, sagt Ingrid Feldkamp. „Ich habe jahrelang mit kranken und manchmal auch sterbenden Menschen gearbeitet, da war das Gebet ganz selbstverständlich.“ Angelika Hoffmann ergänzt: „Ich bin dankbarer geworden, dass ich diesen Glauben habe. Viele Trauernde haben ihn verloren – und merken doch, dass da noch eine Hoffnung ist.“
Arbeit, die wahrgenommen wird
Sie spüren auch, dass ihre Arbeit wahrgenommen wird. Immer wieder erreichen sie Dankesbriefe oder Anrufe, kleine Gesten der Wertschätzung. „Wir machen das ja ehrenamtlich“, sagt Angelika Hoffmann, „aber es tut gut, wenn man merkt, dass Menschen sich getröstet fühlen.“
Dass zwei Frauen in Münster Beerdigungen leiten, ist längst keine Ausnahme mehr – aber manchmal noch ungewohnt. „Bisher habe ich es sehr selten erlebt, dass jemand sagt: Ich möchte lieber einen Geistlichen“, sagt Ingrid Feldkamp. „Ich erlebe überwiegend Offenheit. Die Menschen merken: Es geht nicht um Amt oder Geschlecht, sondern um die Haltung.“ Für Angelika Hoffmann ist es ein „bereicherndes Ehrenamt“: „Man bekommt so viel zurück.“
Ann-Christin Ladermann

