Gelebte Ökumene in Oer-Erkenschwick

, Kreisdekanat Recklinghausen

Für die Gemeinde und das Seelsorgeteam war es nicht leicht, sich vor gut drei Wochen mit einem feierlichen Profanierungsgottesdienst mit Weihbischof Rolf Lohmann von ihrer St.-Josef-Kirche zu trennen. „Wir sind aber glücklich, dass es den Verein ‚Club50plus‘ als neuen Besitzer gibt, der die Kirche umbauen wird und verschiedene Veranstaltungen plant“, sagt Pfarrer Reinhard Vehring. 

Die Werktagsgottesdienste werden nun im Pfarrheim gefeiert, samstags geht es zum Vorabendgottesdienst in die evangelische Johanneskirche, die nur einen Steinwurf weit entfernt ist. „Diese Alternativen sind gut angenommen worden. Die Menschen in St. Josef tragen die Veränderungen sehr wohlwollend mit“, freut sich der Seelsorger. Er ist dankbar für die Möglichkeit, die Johanneskirche nutzen zu können: „Wir freuen uns, dass die evangelische Gemeinde uns willkommen heißt.“

Die Beziehungen zur benachbarten evangelischen Gemeinde währen schon lange. „Ich bin seit 23 Jahren Pfarrer in Oer-Erkenschwick, und seit dieser Zeit sind wir verbunden. Vor 14 Jahren haben wir am Altar der St.-Josef-Kirche eine ökumenische Partnerschaft unterschrieben“, berichtet Rüdiger Funke. Das Miteinander ist für die Seelsorgenden ebenso selbstverständlich wie für die Gläubigen vor Ort. Ein Beispiel sei auch die Feierlichkeit zum 500-jährigen Jubiläum der Reformation gewesen. „Das haben wir gemeinsam in der St.-Josef-Kirche mit den Gläubigen und den Seelsorgeteams gefeiert. Es war sehr beeindruckend“, erklärt Vehring. 

Ein weiteres Beispiel sei die ökumenische Kaffeetafel von der St.-Josef-Kirche bis zur Johanneskirche, an der mehr als 300 Menschen Platz genommen hätten. Und auch bei Schulgottesdiensten und bei Angeboten für die Jugend arbeiten die katholische Pastoralreferentin Ann-Kathrin Müller-Boßle und der evangelische Jugendreferent Thorben Rosenbaum zusammen. „Wir haben gemeinsam ein Krimidinner sowie eine Dankeschönfahrt organisiert. Die Jugendlichen kennen sich und sind offen für gemeinsames“, erläutert die Pastoralreferentin.

Die drei Beteiligten stehen nebeneinander und lächeln in die Kameras.

Der katholische Pfarrer Reinhard Vehring, die Pastoralreferentin Ann-Kathrin Müller-Boßle und der evangelische Pfarrer Rüdiger Funke (von links) freuen sich über das gute Miteinander der katholischen und evangelischen Kirchen in Oer-Erkenschwick.

© Bistumm Münster

Zudem gibt es gemeinsame Projekte wie den „Laden“ oder das Engagement in der Flüchtlingshilfe. „Und es ist uns gelungen, gemeinsam einen Organisten und Chorleiter zu beschäftigen. Unsere beiden Kirchenchöre sind 2016 zur ökumenischen Chorgemeinschaft zusammengegangen“, erklärt Funke. 
Viel sei in den vergangenen Jahren ökumenisch realisiert worden. „Wir sehen Kirche als einen Angebotsort und einen Ort für Möglichkeiten. Zurzeit gibt es Überlegungen, das Osterfest gemeinsam zu feiern“, verrät Vehring. Einzelheiten müssten allerdings noch besprochen werden. „Die Jugendlichen könnten die Osterkerzen gemeinsam gestalten“, hat Müller-Boßle eine spontane Idee.

Auch für die Seniorenheime in kirchlicher Trägerschaft haben die Verantwortlichen gemeinsam ein Konzept erarbeitet. „Jede Woche gibt es eine Abendmahlfeier und eine Kommunionfeier, die übrigens von fünf Ehrenamtlichen getragen wird“, informiert Vehring. 

Zahlreiche Angebote haben die beiden Kirchengemeinden zusammen an unterschiedlichen Stellen realisiert. „Wir werden gemeinsam gut als Kirche vor Ort wahrgenommen“, erklärt Vehring. Einig sind die Seelsorgenden, dass eine gelebte Ökumene über die hauptamtliche Ebene hinaus wächst. Für all das Engagement sei der Glaube das Fundament. „Wir fragen uns, wo die Probleme in der Gesellschaft liegen, wo wir zusammenrücken können. Es gibt genug Themen, bei denen Kirche zusammen Lösungen anbieten kann“, ist Funke überzeugt. 

Michaela Kiepe