Zwischen Licht und Stoff

, Stadtdekanat Münster

Goldenes Licht, gespannte Fäden, schwebende Textilien – wer in diesen Wochen die Kirche St. Joseph an der Hammer Straße in Münster betritt, erlebt keinen klassischen Kirchenraum, sondern eine künstlerische Raumgestaltung, die den Kirchenraum in ein neues Licht rückt. Die Künstlergruppe tx02 zeigt dort noch bis Samstag, 27. September, ihre Ausstellung „Ins Sonnengeflirr“, die Architektur, Licht und textiles Material in einen Dialog bringt.
 

Zwischen den Seitenschiffen spannt sich ein Netz aus goldenen Fäden, durch die das Licht wandert – manchmal reflektierend, manchmal als leuchtendes Band. „Es geht darum, Raumwahrnehmung zu verändern“, sagt Pastoralreferentin Dr. Susanne Kolter, die die Ausstellung in der Pfarrei mitkonzipiert hat. Der Mittelgang der Kirche bleibt frei, während sich in den Seitengängen „Wandelhallen aus Licht und Stoff“ eröffnen, wie Susanne Kolter beschreibt. 

Entstanden ist die Ausstellung in Zusammenarbeit mit der Gruppe tx02, die sich aus international tätigen Künstlerinnen und Künstlern zusammensetzt. Ihr Ziel: die Grenzen textiler Kunst ausloten. Neben den rund 25 Kilometern gespannten goldenen Fäden wurden zusätzliche Wandbehänge vor Ort ergänzt, inspiriert von der Raumgröße. Eine goldene Kugel auf einem Leuchter im Altarraum wurde als symbolischer Akzent gesetzt. „Eine offene Konzeption war hier entscheidend – sensibel im Umgang mit dem liturgisch genutzten Raum“, erklärt Susanne Kolter, die auch Vorsitzende der Kunstkommission des Bistums Münster ist. 

Die Vernissage zur Ausstellung war ein voller Erfolg – trotz Ferienzeit kamen viele Besucherinnen und Besucher, um mit den Mitgliedern der Künstlergruppe ins Gespräch zu kommen. Drei Wochenenden lang hatten sie zuvor am Aufbau gearbeitet, reisten aus ganz NRW an. Nachhaltigkeit spielte dabei ebenfalls eine Rolle: Viele der verspannten Fäden sind so angebracht, dass sie später wiederverwendet werden können.

Aus Sicht von Susanne Kolter ist „Ins Sonnengeflirr“ mehr als Kunst: „Es ist Teil unseres pastoralen Konzepts. Die offene Kirche, in die Menschen einfach eintreten können, wird hier zum einladenden Erfahrungsraum. Der Kirchenraum versteht sich nicht nur als Ort des Gottesdienstes, sondern als öffentlicher Kultur- und Begegnungsraum mitten im Viertel.“ Die textile Ausstellung reagiere auf die sich ständig wandelnden Lichtverhältnisse und entfalte ihre Wirkung je nach Tageszeit – am eindrucksvollsten morgens oder im Vormittagslicht.

Was die Pastoralreferentin in den ersten Tagen der Ausstellung schon festgestellt hat: Trotz zahlreicher Motive ist „Ins Sonnengeflirr“ schwer zu dokumentieren – viele Besucher versuchen es dennoch, zücken ihre Handys, nehmen Selfies auf vor den goldenen Fäden. „Aber eigentlich“, sagt Susanne Kolter verbunden mit einer Einladung, „muss man dabei gewesen sein.“ 

Die St.-Joseph-Kirche an der Hammer Straße ist täglich von 8 bis 18 Uhr geöffnet. 

Ann-Christin Ladermann