Gottesdienst-Streamings: Wie die Abendmesse aus St. Lamberti Münster Mitfeiernde in Übersee findet
Wie kann man Gottesdienste und andere Veranstaltungen als Live-Video ins Internet übertragen oder zum Online-Abruf bereitstellen? Diese Frage bewegte und bewegt auch im Bistum Münster Kirchengemeinden, Klöster und Einrichtungen, vor allem, seit sich im Jahr 2020 der erste Lockdown ankündigte. Manche haben längst den Sendebetrieb aufgenommen, andere sind noch auf dem Weg. Wie man diese Sache angehen kann, dafür gibt es viele Möglichkeiten, von denen wir eine in diesem Text vorstellen.
Die Rundfunkarbeit des Bistums begann 2019, Erfahrungen mit einer Übertragungstechnik der US-amerikanischen Firma Mevo zu sammeln, mit der viele Kirchengemeinden in Nord- und Südamerika ihre Gottesdienste übertragen. Als im März 2020 der Wunsch aus St. Lamberti Münster nach täglichen Übertragungen der 18-Uhr-Messe geäußert wurde, konnte darauf aufbauend direkt ein regelmäßiger Sendebetrieb starten. Regelmäßig genutzt wird hier seitdem Technik im Anschaffungspreis von deutlich weniger als 2.000 Euro.
Die eingesetzte Kamera ist kaum größer als ein Handmikrofon. Sie wird vor Beginn eines zu übertragenden Gottesdienstes seitlich unmittelbar vor dem Ambo auf ein Mikrofonstativ gestellt. Sie hat eine Fischaugenlinse (Ultraweitwinkel). Gestreamt wird über ein kabelgebundenes Netzwerk, der Router und der Internetanschluss sind in der Sakristei. Die zur Kamera gehörige App, mit der die Übertragung am Tablet gestaltet wird, ermöglicht es, neben der Totalen (ganze Altarinsel) das Ambo in Großaufnahme sowie den Altar und den Priestersitz halbtotal auszuwählen und zwischen diesen Bildern zu schwenken oder zu zoomen.
Der Sprach-Ton wird mit einem kabelgebundenen Mikrofon von einem Lautsprecher der Kirchenbeschallung abgenommen. Dessen Signal und das von zwei Funkmikrofonen, mit denen der Orgelklang in Stereo übertragen wird, werden in ein kleines Mischpult eingespeist.
Die Technik kann von einer einzigen Person bedient werden
Auf- und abgebaut sowie bedient wird diese Technik von jeweils einer Person. Bei diesen Honorarkräften handelt es sich nicht um Regisseure, Kameraleute, Cutter oder Bild-Ton-Mediengestalter, sondern um aktive oder ehemalige Messdiener, Chorsänger, Theologiestudenten oder andere Menschen, die mit gottesdienstlichen Abläufen vertraut sind, die ein gewisses technisches Verständnis sowie ein videoästhetisches Empfinden haben und die in einer ein- bis zweistündigen Einweisung für diese Aufgabe qualifiziert wurden.
Der Kirchenmusiker stellt für jede Übertragung die Informationen zum Liedablauf und zu den am Gottesdienst mitwirkenden Personen zusammen, so dass der „Streamer“ die Gotteslobnummern, Strophenangaben und Liedtitel sowie am Ende eine Schlusstafel mit der Auflistung der Beteiligten einblenden kann. Bei Bedarf zeigt er auch Spendentafeln oder Detailfotos in der Übertragung, seien es die Orgel, ein Hungertuch oder Fotos von Skulpturen oder Fensterbildern aus dem Kirchenraum.
Die Übertragungen aus St. Lamberti sind täglich um 18 Uhr zu sehen auf den Websites der Pfarrei Sankt Lamberti und des Bistums Münster. Ausgespielt wird der Stream zudem auf dem YouTube Kanal und auf der Facebookseite des Bistums und auf der Live-Gottesdienste-Seite von Bibel-TV.
An Hochfesten schauen bis zu 10.000 Personen am Computer zu
Der Übertragungsbetrieb zieht weite Kreise. Die Abendmessen aus St. Lamberti erreichen täglich mehrere hundert, an Wochenendtagen auch mehr als tausend, an kirchlichen Hochfesten auch schon mal rund 10.000 Bildschirmteilnehmer. Viele klicken kurzzeitig herein, ein Sockel von ca. 10-20 Prozent bleibt während der kompletten Übertragung dabei. Die Kirchengemeinde erhält Rückmeldungen von Menschen aus vielen Regionen Deutschlands, aber auch aus Übersee, die sich darüber freuen, die Abendmesse von St. Lamberti mitfeiern zu können.
Seit mehr als einem Jahr läuft dieser Sendebetrieb erstaunlich zuverlässig: Obwohl mehrere technische Komponenten genutzt werden, von denen jede einzelne im Störungsfall das Ganze gefährden kann und obwohl die Übertragungen jeweils von einer einzelnen Person abhängen, gab es im ersten Sendejahr kaum eine Hand voll Totalausfälle.
Beispielhaft listen wir nachfolgend die erforderlichen technischen Komponenten auf:
Was man zum Streamen an Technik benötigt:
Menge
Gegenstand
Preis (ca.)
1
Streaming Kamera MEVO Plus (nicht mehr erhältlich, Nachfolgerin: MEVO Start)
450 € (410 €)
1
Plus Akku-, LAN- und USB-Audio-Modul MEVO Boost für MEVO (für die MEVO-Start ist ggf. der MEVO Ethernet Adapter erforderlich)
200 € (170 €)
1
Tablet zum Steuern der MEVO Streaming Kamera, z.B. Lenovo Tab M10
ab ca. 135 €
1
Kondensator-Mikrofon zur Tonabnahme von einer Box der Kirchenbeschallung, z.B. Fame Audio CM 5
40 €
2
Mikrofonstative, z.B. König & Meyer 210/8 (je 1 für Kamera und Mikro)
je 55 €
1
Tonmischpult, z.B. Behringer Xenyx QX1202USB
100 €
2
Funkmikrofone für die Stereo-Tonabnahme der Orgel, z.B. AKG WMS 40 Mini Dual Vocal
ab ca. 130 €
2
Halterungen bzw. Stative für die Orgelmikrofone
je ca. 50 €
div.
Audio-, USB- und Netzwerkkabel
ca. 100 €
Internetzugang via LAN, WLAN oder LTE (Upstream min. 10 Mbps)
unterschiedlich
Firmen, bei denen die technischen Komponenten gekauft werden können, sind etwa Musikhäuser. Wer niemanden im Team seiner Engagierten findet, der sie einsatzbereit macht, kann einen Rundumservice bei einem Dienstleister einkaufen. Eine Kirchengemeinde aus Havixbeck hat sich dafür der Firma Canosystems aus Recklinghausen bedient.
Inzwischen hat MEVO eine zweite App zur Kamerasteuerung herausgegeben, mit der mehrere Kameras in einer Übertragung angesteuert werden können. Die Erprobung dieser App steht aktuell auf der Agenda der Rundfunkarbeit des Bistums. Ein Erfahrungsbericht dazu folgt voraussichtlich im Herbst.
Selbstverständlich ist die hier vorgestellte MEVO-Lösung nicht die einzige Möglichkeit, Gottesdienste zu übertragen. Einen anderen Ansatz verfolgt beispielsweise die Agentur Vorzeigekind aus Dortmund, von der die Plattform www.kirchen-stream.de betrieben wird, auf der auch eine Pfarrei aus Arnsberg zum Mitfeiern ihrer Gottesdienste einlädt.