37 Jahre Regionalkantor in Warendorf

, Kreisdekanat Warendorf

Wie oft er die Stufen zur Orgelempore hochgestiegen ist, kann Bernhard Ratermann nicht mehr zählen. „Dafür sind 37 Jahre dann doch eine lange Zeit“, sagt der 63-Jährige mit einem Lächeln. So lange nämlich war Ratermann für die Kirchenmusik in der Warendorfer Pfarrei St. Laurentius verantwortlich. 26 Jahre davon bildete er den kirchenmusikalischen Nachwuchs an der Bischöflichen Kirchenmusikschule in Münster mit aus, in den zurückliegenden 18 Jahren leistete er zudem als Regionalkantor für das Kreisdekanat Warendorf strukturelle Aufbau- und Vernetzungsarbeit in der Kirchenmusik der Region. Am Samstag, 28. August, im Vorabendgottesdienst um 18.30 Uhr wird er zum letzten Mal als Kantor kirchenmusikalisch tätig und anschließend in den Ruhestand verabschiedet werden.

Seinen bisherigen Arbeitsplatz an der Orgel der Warendorfer St.-Laurentius-Kirche wird Bernhard Ratermann vermissen.

© Bistum Münster

In den vergangenen Tagen mischt sich immer häufiger Wehmut unter die Gefühle, die Ratermann bewegen. „Es war eine unglaublich schöne Zeit“, sagt der Warendorfer, dem es stets ein Anliegen war, mithilfe der Musik die Frohe Botschaft zu verkündigen. In Billerbeck aufgewachsen, lernte er bereits mit sechs Jahren das Klavierspielen. Erstmals mit dem Kreis Warendorf in Kontakt kam er während seiner Schulzeit am Bischöflichen Gymnasium und Internat Loburg in Ostbevern. Dort erhielt er in seiner Freizeit Orgelunterricht und fuhr alle 14 Tage mit dem Zug zur Bischöflichen Kirchenmusikschule nach Münster, um dort zwei Jahre vor seinem Abitur das sogenannte C-Examen zu machen. 

„Ich habe die Kirche immer sehr positiv wahrgenommen“, blickt Ratermann auf seine Jugendzeit zurück. Nach dem Wehrdienst stand deshalb für ihn fest: „Ich möchte mich hauptberuflich in der Kirche engagieren.“ Am Robert-Schumann-Institut in Düsseldorf studierte er Kirchenmusik und begann zum 1. August 1984 seinen Dienst als Kantor in Warendorf. „Die Stadt kannte ich damals nur von den Fahrstunden für den Führerschein“, erinnert er sich mit einem Schmunzeln. Die Zeit bis zum traditionellen Heimatfest Mariä Himmelfahrt am 15. August war damals zu knapp zum Einstudieren großer Chorwerke. „Es war das einzige Jahr in meiner Dienstzeit – das vergangene Corona-Jahr ausgenommen, – dass der Kirchenchor den festlichen Gottesdienst nicht gestaltet hat“, sagt Ratermann. 

Pueri-Cantores-Fahrten waren Höhepunkte

In den folgenden Jahren baute der Kantor eine regelrechte Chorlandschaft in Warendorf auf, belebte den Kirchenchor, die Jugendkantorei – heute Mädchenchor und Knabenchor – sowie den Kinderchor der Pfarrei wieder. Ein Herzensprojekt war die Gründung der „Schola gregoriana Sti. Laurentii“, deren Mitglieder regelmäßig Gottesdienste mit gregorianischem Choral gestalten. Höhepunkte seiner Dienstzeit waren für Ratermann die Teilnahme seiner Kinder- und Jugendchöre an den nationalen und internationalen Treffen des Verbandes Pueri Cantores. „Die Atmosphäre, die Lebendigkeit und Frische, die von den jungen Sängerinnen und Sängern ausgeht, all das werde ich Zeit meines Lebens nicht vergessen“, ist der Chorleiter dankbar für diese Erfahrungen. 

Jung bleiben lassen hat den Kirchenmusiker auch der Kontakt mit den Schülerinnen und Schülern der Kirchenmusikschule in Münster. Seit 1995 schulte er dort rund 250 junge Erwachsene in den Fächern „Deutscher Liturgiegesang“ und „Gregorianik“ und brachte etwa zwei Duzend von ihnen auch das Orgelspielen bei. „Es hat mir sehr viel Freude gemacht, den Schülern vermitteln zu dürfen, welch komplexes Instrument die Orgel ist und welche Klangfülle in ihr steckt“, sagt Ratermann. Wichtig war es ihm außerdem, den Nachwuchs für den Gesang in der Liturgie zu sensibilisieren. „Das Wort Gottes hat eine Klanggewalt und wenn man ein Gespür für die Sprache bekommt, kann der eigene Glaube durch die Musik und den Gesang zum Ausdruck kommen“, brennt Ratermann auch nach vier Jahrzehnten noch spürbar für die Kirchenmusik.

"Kirchenmusik bleibt Teil meines Lebens"

Und das, obwohl sich in dieser Zeit viel verändert hat: Besuchten in seinen Anfangsjahren noch etwa 2500 Gläubige die Gottesdienste an einem Wochenende allein in der St.-Laurentius-Kirche, sind es heute rund 500 bezogen auf die gesamte Pfarrei mit den Kirchen St. Laurentius, St. Marien und St. Josef. Als Kirchenmusiker sah er sich zuletzt häufig in einem Spagat zwischen dem Wunsch, die Vielfalt der Musik zum Ausdruck zu bringen und den Erwartungen derjenigen gerecht zu werden, die oft nur noch punktuell mit der Kirche in Berührung kommen. „Manchmal würde ich mir etwas mehr Offenheit wünschen, damit stärker deutlich wird, welchen Beitrag die Kirchenmusik zum kulturellen und sozialen Leben leisten kann“, bedauert Ratermann. 

Singen zum Beispiel, trägt und verbindet, weiß er. Deshalb geht Ratermann auch „zurück ins Glied“, wie er selbst sagt und wird Mitglied im Kirchenchor St. Laurentius. Darüber hinaus freut sich der passionierte Schalke-Fan besonders darauf, mehr Zeit mit seinen beiden Enkelkindern verbringen zu können. Die Kirchenmusik aber, so ist er sicher, „wird immer Teil meines Lebens bleiben“.

Ann-Christin Ladermann