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Bischof Felix Genn: „In der Liebe liegt die Wahrheit“

, Bistum Münster, Stadtdekanat Münster

Über die Macht der göttlichen Liebe hat Bischof Dr. Felix Genn am Ostersonntag, 31. März, in seiner Predigt im münsterischen St.-Paulus-Dom gesprochen: „In der Liebe liegt die Wahrheit. Jesus ist gekommen, um für diese Wahrheit Zeugnis zu geben, nämlich dass Gott unendliche Liebe ist. Dagegen ist das, was die Machthaber dieser Welt glauben in der Hand zu haben, nichts. Sie meinen, sie hätten die Macht über die anderen Menschen, aber sie ahnen nicht, dass die Macht der Liebe größer ist.“

Bischof Dr. Felix Genn (Archivbild)

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Genn stellte Maria, die angetrieben von der Liebe zu ihrem zuvor gekreuzigten Sohn zum Grab geht und dort den Auferstanden trifft, den römischen Statthalter Pilatus gegenüber. Für diesen sei die Wahrheit ein leeres Wort, „gehört in das Kalkül, um Menschen zu überreden, für den eigenen Machtbereich auszunutzen, vielleicht sogar, ihnen das zu sagen, worauf sie anspringen, damit er seine Macht behält.“ Der Bischof stellte den Bezug in die heutige Welt her. Er denke an diese Szenen, wenn er die Bilder sehe „von Brutalität und Zerstörung, von Moskaus Terror in der Welt, vom Terror in Moskau, vom Heiligen Land und auch von Orten, deren Bilder wir vergessen. Zuerst wird gelogen, werden bestimmte Kräfte für den Anschlag verantwortlich gemacht und das als Wahrheit hingestellt. Dann werden diejenigen, die man als Täter gefunden hat, vor aller Welt brutal gefoltert. Ich halte es kaum aus, die beiden Bilder vom Ostermorgen, der Begegnung des Auferstandenen mit Maria, zusammen zu sehen mit dem, was sich in den letzten Tagen gezeigt hat.“

Durch den österlichen Glauben, dass Jesus aus dem Tod zum Leben auferstanden ist, „bekennen wir, dass diese Liebe, die er ein Leben lang in Wort und Tat bezeugt hat, nicht im Tode bleiben konnte“, erklärte Genn. Die Gläubigen dürften versuchen, ob sie zu Jesus eine persönliche Beziehung entwickeln können. „Wir können an einen persönlichen Gott glauben und eine solche Beziehung zu Jesus haben, wie Maria sie hatte. Ich kann ihn suchen, ich kann ihn vielleicht nicht direkt finden, aber ich kann ihm das Herz öffnen und ihn bitten, dass er auch mich mit meinem Namen anredet. Versuchen Sie es, und geben Sie nicht auf, wie diese liebende Maria nicht aufgegeben hat“, sprach der Bischof die Gemeinde an. Durch die Taufe seien wir mit Christus verbunden worden und deshalb mit ihm auferweckt. Es komme darauf an, zitierte Genn den Brief an die Kolosser (Kol 3, 1-3), den „Sinn auf das Himmlische und nicht auf das Irdische zu richten“.

Das klinge befremdlich, sagte der Bischof, weil es den Eindruck erweckt, „als seien wir Träumer: Gemeint ist die Tatsache, die ich eben mit dem Wort umschrieben habe, dass der Sieg der Wahrheit die Liebe ist, dass das Irdische genau das Verhalten dieses Pilatus ist, für den die Wahrheit Pustekuchen ist, wenn nur die Macht zählt, Menschen in Gewalt zu bringen oder sie eventuell freizulassen.“ Das Irdische seien „genau diejenigen, die Macht ausüben, nicht nur wie die Putins unserer Tage sowie die übrigen Machthaber, wie sie alle heißen, die scheinbar die Welt beherrschen, sie aber aufgrund ihres Verhaltens nur in eine große Hoffnungslosigkeit stürzen können. Zaghafte Elemente solchen Verhaltens, vielleicht manchmal unbemerkt, gibt es auch bei uns und in unserem Leben. Wer aber auf das Himmlische ausgerichtet ist, das ist derjenige, der anders denkt. Das sind Menschen, die sich auf das richten, was für das Irdische lebensmäßige Bedeutung hat. Jesus ist nämlich genau diese Wahrheit, diese Liebe, diese Gerechtigkeit – und deshalb sind wir Christen Hoffnungsbringer. Deshalb engagieren Christen sich für den Klimaschutz und die Bewahrung der Schöpfung, deshalb sind Christen Menschen, die einem Rechtsextremismus widerstehen. Deshalb kennen Christen, obwohl es in der Geschichte oft genug anders war, keinen Antisemitismus.“

Es möge, schloss Genn seine Predigt, in der „gegenwärtigen Stunde ein gewagtes Wort sein, von Hoffnung zu sprechen. Aber brauchen wir nicht gerade heute die Hoffnung, die mehr ist als ein Optimismus, dass alles irgendwie gut ausgehen wird? Liebe Schwestern und Brüder, ja, es hat mit einer persönlichen Begegnung begonnen, sie hat sich ausgebreitet, sie wurde universal, sie meint dich und mich, weil das, was am Ostermorgen geschehen ist, jeder Einzelne von uns erfahren kann. Ich brauche nur die Eucharistie ernst zu nehmen, in der mir der Auferstandene leibhaftig begegnet. Eine unbeschreibliche Liebe, die sich zum Essen und Trinken hingibt.“