Bistum Münster räumt Datenschutzverletzung ein

, Bistum Münster

Das Bistum Münster akzeptiert eine Entscheidung des interdiözesanen Datenschutzgerichts in Bonn vom Ende letzten Jahres. Das Gericht sieht – wie schon zuvor das katholische Datenschutzzentrum (KDSZ) in Dortmund – eine Datenschutzverletzung durch die Diözese im Zusammenhang mit der Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs. Es hat der Beschwerde einer von Missbrauch betroffenen Person Recht gegeben. Das Bistum hat die betroffene Person um Entschuldigung gebeten und ihr eine Entschädigungszahlung angeboten. 

Die betroffene Person hatte sich darüber beschwert, dass das Bistum Münster Akten zur sogenannten Anerkennung des Leids nach ihrer Auffassung ohne Rechtsgrundlage und ohne datenschutzrechtlich korrekte Anonymisierung Wissenschaftlern der Universität Münster zur Verfügung gestellt habe. Die Wissenschaftler erstellten in den Jahren 2019 bis 2022 in völliger Unabhängigkeit vom Bistum die Studie zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs in der Diözese.

Für künftige Forschungsvorhaben im Kontext der Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs und auch für die Zusammenarbeit mit der Unabhängigen Aufarbeitungskommission bedeutet dies nach Einschätzung des Bistums, dass die Perspektive der Betroffenen in der Abwägung zum Aufarbeitungsinteresse künftig noch stärker handlungsleitend sein muss. 

Hintergrund: 
Für die Erstellung der Studie über den sexuellen Missbrauch im Bistum Münster hat die Interventionsstelle des Bistums Münster den beauftragten Wissenschaftlern der Universität Münster die entsprechenden Akten – auch die zur Anerkennung des Leids – zugänglich gemacht. Zuvor wurden in den Akten die personenbezogenen Daten der betroffenen Personen wie Name, Anschrift, Kontodaten und alle sonstigen personenbezogenen Hinweise geschwärzt. Nach Einschätzung des Datenschutzgerichts hätten aber auch die Schilderungen der vom sexuellen Missbrauch betroffenen Person insoweit geschwärzt werden müssen, als keine individuellen Schilderungen der eigentlichen Taten in den Akten hätten gefunden werden dürfen. Für die Veröffentlichung des „Falls“ trugen dann zwar die Wissenschaftler der Universität Münster die Verantwortung, die Verantwortung für das Vorgehen liegt aber letztlich beim Bistum. Das Vorgehen wurde seinerzeit im Beirat des Forschungsprojektes, in dem auch mehrere Betroffene Mitglieder waren, intensiv beraten. Im Sinne einer größtmöglichen Transparenz entschieden sich die Wissenschaftler und das Bistum für das Vorgehen, das nun als Datenschutzverletzung eingeschätzt wird. Alternative Wege, wie etwa der eines Anschreibens an alle Betroffenen mit der Bitte um Abgabe einer Einwilligungserklärung wurden erwogen, aber nicht als zielführend angesehen. Insbesondere gab es die Befürchtung, auch ein solches Vorgehen könne retraumatisierend sein.

Dr. Stephan Kronenburg