Das Schreckliche wird keine Zukunft haben

„Dieses Schreckliche, das die ukrainischen Menschen erleben, wird keine Zukunft haben.“ Diese Zuversicht hat der Bischof von Münster, Dr. Felix Genn, am Karfreitag, 15. April, im St.-Paulus-Dom in Münster bei der Feier vom Leiden und Sterben Christi geäußert. Denn, so betonte der Bischof, durch das Hineingehen Jesu Christi in Leiden, Tod und Grab habe er „da hinein den Keim neuen Lebens gelegt, dass all dieses Böse vermodern kann“.  

Bischof Genn würdigte die Widerstandskraft der Menschen in der Ukraine gegen die „Macht des Bösen“. „Sicherlich haben viele von ihnen die Kraft zu diesem Widerstand auch empfangen, weil sie der Botschaft des Glaubens trauen. Sicherlich empfangen viele von ihnen die Kraft zu diesem Widerstand auch daher, weil sie der Botschaft des Glauben trauen, und weil sie in diese Botschaft andere mitziehen“, sagte der Bischof. Er unterstrich, dass er die Feier der Karfreitagsliturgie wie ein Kontrastbild zur Situation in der Ukraine empfinde, „das mich fast zerreißt“. Bischof Genn: „Hier diese eindrückliche Gebetszeit, dort zerstörte Städte, weinende Menschen, blutende, tief verletzte Frauen und Männer, Kinder, zerbombte Säuglingsstationen, Tote, die einfach weggeschafft werden müssen, weil man keine Zeit für das Begräbnis und keinen Ort für die Grabstätte findet, Mörder, denen das Herumliegen der Leichen egal ist, verhärtete Politiker, die trotz vielfältiger Bemühungen nicht zu überzeugen sind, dem Treiben ein Ende zu machen, dabei auch noch unterstützt, so wie wir es jedenfalls wahrnehmen, von einem Verkünder der Botschaft, die wir gerade in diesen Tagen so eindrücklich feiern, nämlich den Sieg des Lebens über den Tod. Insofern kommt alles Leid, das sich aufhäuft, in diese Stunde hinein – es muss in diese Stunde hinein.“

Was in der Karfreitagsliturgie besungen werde, bleibe allerdings „blanker Zynismus“, so sagte der Bischof weiter, wenn nicht das Verkündete eine Botschaft sei, „die all das, was an Furchtbarem geschieht, mit einer Hoffnung umfangen will.“ Im Mittelpunkt dieser Botschaft stehe nicht irgendein Holz oder ein Gesang, „sondern ein blutendes Gesicht, ein zermarterter Leib, ein angenagelter Körper, nackt, ein verratener, geschundener, ein verlassener Mensch.“ Weil sich aber in Jesus Christus Gott selbst in die Demütigung eines schmachvollen Todes hineinbegeben habe, dürften die Menschen es wagen, Jesus Christus als Grund ihrer Hoffnung gerade in extrem schwierigen Situationen zu sehen. „Weil er dieser Grund der Hoffnung ist, weil er das alles getragen hat, deshalb haben wir die waghalsige Zuversicht und das waghalsige Vertrauen, dass es keine menschliche Situation von Leid und Elend gibt, in der ich ihm nicht begegnen, in der ich nicht sein Gesicht sehen kann. Sonst wäre es nicht nur nicht auszuhalten, sondern menschliches Leben die totale Absurdität“, sagte Bischof Genn.

Text: Dr. Stephan Kronenburg/ Fotos (Archiv): Achim Pohl