6. Wirtschaftsforum in der LVHS Freckenhorst

, Kreisdekanat Warendorf

Die Herausforderungen sind groß: Deutschland braucht Impulse, um das Wachstum zu stärken. Darin waren sich die Teilnehmenden des Wirtschaftsforums in der Landvolkshochschule (LVHS) in Freckenhorst einig. Unter der Überschrift „Standort Deutschland – Aktuelle Herausforderungen für Wirtschaft und Gesellschaft“ diskutierten am 12. Juni Weihbischof Dr. Stefan Zekorn, Christian Freiherr von Twickel, Mitglied der Geschäftsführung der Dr. Oetker GmbH, und Christoph Dammermann, früherer Staatssekretär und heutiger Geschäftsführer der Stiftung Westfalen-Initiative.

Christian Freiherr von Twickel, Mitglied der Geschäftsführung von Dr. Oetker GmbH

© Bistum Münster

„Wir müssen aufhören zu verbieten, anfangen zu ermöglichen und Unternehmertum fördern“, ermutigte von Twickel in der katholischen Bildungseinrichtung des Bistums Münster, wo zum sechsten Mal das Format „Wirtschaft trifft Kirche – Kirche trifft Wirtschaft“ stattfand. Der Standort Deutschland sei im internationalen Vergleich noch immer „auf einer Topposition“, verliere aber stetig, betonte der Unternehmer: „Wenn wir nicht aufpassen, wird das tiefe Spuren hinterlassen. Wir müssen aktiv gegensteuern, um sicherzustellen, dass Deutschland zukunftsfähig bleibt.“

Von Twickel gab Einblicke in die Herausforderungen, vor denen die „Dr. Oetker GmbH“ steht, die oft verbunden seien mit teils altbekannten, teils neuen Strukturproblemen. Ein Übermaß an Bürokratie – hier nannte er das Lieferketten-Sorgfaltspflichtengesetz als Beispiel –, der sich ausweitende Fachkräftemangel und Rückstände bei der Digitalisierung sorgten nicht selten für eine Verlangsamung von Prozessen. „In diesem Land ist etwas falsch: Wir überregulieren alles“, kritisierte er und nahm für Lösungsansätze die christliche Perspektive ein: „Wir sind freie, selbstbestimmte Menschen, Ebenbilder Gottes, die damit auch eine Verantwortung tragen. Wenn wir daran glauben, können wir aufhören zu verbieten.“
 

Christoph Dammermann, Geschäftsführer der Stiftung Westfalen-Initiative

© Bistum Münster

„Wir haben uns an einen anmaßenden Staat gewöhnt“, griff Dammermann die Worte von Twickels auf. Er hob das Subsidiaritätsprinzip, das der Stiftung Westfalen-Initiative mit Sitz in Münster zugrunde liegt, hervor: „Unser Stifter Martin Leicht hat diese Idee gern übersetzt und sprach vom ‚Nahheitsprinizp‘: In kleiner Einheit Entscheidungen treffen und Verantwortung übernehmen“, erklärte Dammermann das politische Prinzip, das mit dieser Auslegung zu einem humanen Grundsatz werde. Eigenverantwortung und Gemeinwohl – die beiden Begriffe sind Namensbestandteil der Stiftung Westfalen-Initiative – seien Pfeiler dieses Subsidiaritätsprinzips und stünden nicht im Gegensatz zueinander, sondern ergänzten sich. 

Es braucht innere Kraft und Stärke, um sich den politischen, sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen zu stellen, betonte Weihbischof Zekorn in seinem Statement.

© Bistum Münster

Es brauche innere Kraft und Stärke, um sich den politischen, sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen zu stellen – und diese fehlten heutzutage vielen Menschen, machte Weihbischof Zekorn aufmerksam. „Weite Teile der Gesellschaft sind verunsichert, das führt zu Gefühlen der Angst, Ohnmacht und zum Rückzug in kleine Kreise“, sagte Zekorn. Seine Vermutung: Die geringer werdende Resilienz hänge damit zusammen, dass große Erwartungen an das Lebensglück nicht mit der faktischen Wirklichkeit des Lebens zusammenpassen. „Es geht um die Frage des Menschenbildes“, betonte der Weihbischof und lieferte mit gleich mehreren Fragen Denkanstöße. 

So gelte es, Wege zu finden, wie die Gesellschaft Menschen helfen könne, Bindungen einzugehen und Gemeinschaft zu suchen, wie Arbeit stärker als positive Lebensgestaltung wahrgenommen werden könne und wie Menschen zu echter Toleranz und gleichzeitig Konfliktfähigkeit finden könnten. „Eine Antwort kann der christliche Glaube sein, aber wir tun uns als Kirche schwer, ihn den Menschen fürs Leben zu öffnen“, erklärte Zekorn selbstkritisch. Daran gelte es zu arbeiten, denn: „Der Glaube bietet eine grundlegende Möglichkeit der Resilienz. Er ist Quelle der Hoffnung und Kraft und hilft Angst und Resignation zu überwinden.“

Das Publikum ermutigte in der sich anschließenden Diskussion, die von Michael Gennert, dem Direktor der LVHS, moderiert wurde, zu einem optimistischen Blick in die Zukunft: „Wir alle tragen Verantwortung und können die Wirklichkeit gestalten – für uns und für die nachfolgenden Generationen“, betonten gleich mehrere Teilnehmende am Ende des Abends. 

Ann-Christin Ladermann