Dafür gibt es gute Gründe. Kapellner ist in ihrer Arbeit relativ frei: „Ich habe weniger Einengungen durch Gesetze und Vorgaben als beispielsweise die Schulsozialarbeit und kann oft sehr spontan da agieren, wo ich gebraucht werde.“ Dabei trete sie nicht missionierend, aber immer auf Grundlage des christlichen Menschenbildes auf: „Jeder Mensch soll spüren, dass er gut ist, wie er ist, dass Gott ihn so geschaffen hat.“ Sowohl Schülerinnen und Schülern als auch Lehrkräften, Mitarbeitenden und Eltern tue es gut, so bewusst auf den Wert des Menschen zu schauen.
Um das zu vermitteln, ist Kapellner gut aufgestellt. Nach ihrem Studium der Religionspädagogik und der Ausbildung zur Pastoralreferentin in Paderborn und Bocholt startete sie direkt als Schulseelsorgerin in der jetzigen Stelle durch. Formal gehört sie zum Seelsorgeteam der Pfarrei Heilige Edith Stein in Marl, die zugleich ihre Heimatpfarrei ist.
Von Anfang an, erinnert sich die Seelsorgerin, habe sie sich dabei für eine Tätigkeit im Bereich Schule interessiert: „Weil es mir immer ein Anliegen war, zu vermitteln, dass der Mensch nicht nur da ist, um Leistung zu bringen, dass der Mensch mehr ist.“ Sie wolle Menschen ermutigen, sich auszusprechen, wenn sie etwas umtreibe.
Bei ihr als Schulseelsorgerin finden Kinder und Jugendliche, aber auch Lehrkräfte, Mitarbeitende und Eltern genau dafür Raum – und nutzen diesen für unterschiedliche Themen. Konflikte in der Familie, Streit in der Schule, Ängste, selbstverletzendes Verhalten, Liebeskummer: In der Schulseelsorge ist für alles Raum. „Ich höre erstmal zu“, beschreibt Kapellner ihr Vorgehen, „manchmal entlastet allein das Reden schon sehr.“ Ihr gehe es nicht darum, sofort eine Lösung anzubieten: „Die schnellsten Lösungen sind ja nicht immer die besten. Wir entwickeln vielmehr gemeinsam einen Weg, und wenn es nötig ist, hole ich andere Beteiligte oder Fachleute ins Boot.“ Dazu stehe sie in engem Austausch mit der Schulsozialarbeit und externen Fachdiensten.
Die aktuellen vielfältigen Krisen auf der Welt hätten sich in ihrer Arbeit noch nicht direkt niedergeschlagen, sagt die Fachfrau. Sie weiß aber, „dass Angst vor der Zukunft sich zu einer Art Grundannahme im Leben vieler Kinder und Jugendlicher entwickelt hat.“ Dem wirke sie auch entgegen, indem sie Raum biete, „einfach mal durchzuatmen.“
Neben der Beratungsarbeit macht Kapellner an den Schulen weitere Angebote. So gestaltet sie adventliche Stunden und Begrüßungsgottesdienste ebenso wie an der katholischen Hauptschule die regelmäßigen Schulgottesdienste und arbeitet in der Fachkonferenz Religion mit. Auch besondere Projekte begleitet die Pastoralreferentin. So hat sie beispielsweise an Aktion auf den Weg gebracht, bei der Schülerinnen und Schüler Briefe an die Bewohner örtlicher Pflegeheime schrieben.
Demnächst wird sie für solche „Extras“ vorübergehend wieder weniger Kapazität haben. Denn die Monate November und Dezember sind stets voll mit Beratungsterminen – drei bis fünf am Tag sind dann keine Seltenheit. Auch dann aber wird Laura-Christin Kapellner an ihrem Grundsatz festhalten: „In der Schulseelsorge bekommt jeder und jede Zeit und Raum.“
Anke Lucht