Diskussion um Kreuze in Bayern dominiert Nationalismusdebatte

, Bistum Münster, Offizialatsbezirk Oldenburg

Über „Nationalismus in Deutschland – die Rettung des Abendlandes ohne Gott und Kirche?“ diskutierten beim Katholikentag auf Einladung des Cartellverbandes der katholischen deutschen Studentenverbindungen (CV) im Fürstenberghaus die Libanesin Jouanna Hassoun, der bayerische Innenminister Joachim Hermann, Weihbischof Wilfried Theising, der Kirchenhistoriker Prof. Dr. Joachim Kuropka und der Bundesvorsitzende des Bundes Katholischer Unternehmer, Prof. Dr. Dr. Ulrich Hemel. Wie erwartet kam die Runde auch zum Thema der Kreuze in bayerischen Behörden.

„Wir Christen müssen uns aktiv in die Gesellschaft einbringen“, sagte Joachim Hermann. „Die Liebe zum Vaterland ist wichtig, ein aufgeklärter Patriotismus gibt Halt und Identität und soll sich nicht gegen andere richten. Dann pervertiert Nationalismus zur Überheblichkeit“, warnte er. Das hätten die Deutschen schon mal erlebt. Werte wie freiheitliche Demokratie und Solidarität, Brauchtum, Kultur und Wohlstand seien keine nationalen Werte, sondern im Miteinander der europäischen Völker entstanden. Das christliche Abendland werde besser bewahrt, wenn man sonntags in die Kirche gehe als am montags zur Pegida-Demonstration, sagte er unter Applaus der Zuhörer. Der Kreuzbeschluss, dessen Kabinettsvorlag er selbst eingebracht habe, sei richtig, bekräftigte der bayerische Innenminister. Das Kreuz grenze nicht aus werde daher auch nicht missbraucht.

Prof. Kuropka erklärte die Geschichte des Kreuzkampfes im Oldenburger Land 1936. Der Minister für Kirchen und Schulen Julius Pauly habe das Kreuz damals als ein Stück Holz bezeichnet, um das sich die ganze Aufregung nicht lohne. „Natürlich war es ein Symbol, aber die Menschen wollten, dass ihre Kinder weiterhin in christlichem Glauben und mit christlichen Werten erzogen werden. Eine ähnliche erfolglose Behördenaktion zur Entfernung von Schulkreuzen hatte es 1941 auch in Bayern gegeben.

Kriege mit Gottes Segen dürfe es nicht geben, meinte Weihbischof Theising. Erst recht nicht, wenn beide Seiten christlich seien und den Segen Gottes erbitten, wie es in Europa noch im Ersten Weltkrieg der Fall gewesen sei. „Was ist eigentlich das christliche Abendland?“, fragte er. Die Kirchen hätten einen großen Lernprozess mitgemacht und würden jetzt keinen Nationalismus mehr absegnen, vielmehr hätten sie den Auftrag, integrierend zu wirken.

Auf die große Integrationsleitung der Betriebe der deutschen Wirtschaft verwies BKU-Präsident Hemel. Ihre Mitarbeiter kämen inzwischen aus vielen Kulturen, Sprachen und Religionen. „Wir brauchen eine demokratiefähige Religion und auch eine religionsfähige Öffentlichkeit“, mahnte er. Einen richtigen Diskurs könne jedoch nur führen, wer einen klaren Stadtpunkt habe.

Sie fühle sich als Muslimin in Deutschland wohl, sagte Jouanna Hassoun, die als Kind mit ihren Eltern hier gekommen war. Auch mit dem Christentum und dem Kreuz habe sie keine Probleme. Die Instrumentalisierung als Kulturzeichen, wie es der bayerische Ministerpräsident jedoch begründet habe und die Ablehnung der Moslems lehne sie an. „Damit polarisiert Söder.“ Auch Theising warb eindringend für einen respektvollen Umgang der Religionen untereinander. Als Kirchenvertreter könne er jedoch immer nur das Gespräch suchen. Möglichkeiten zum Eingreifen habe nur der Staat.

Ein wichtiger Hinweis kam aus dem Publikum: Bei der Diskussion um Kreuze solle nicht immer darauf verweisen werden, dass moslemische Flüchtlinge nichts damit anfangen könnten. Es seien vielmehr die eigenen Atheisten.

Ludger Heuer