Der dramatische Fachkräftemangel vor allem in den Kindertagesstätten, aber auch in den stationären und teilstationären Einrichtungen der Jugendhilfe stand im Mittelpunkt eines Treffens in dem bischöflichen Berufskolleg. Eingeladen hatte die Arbeitsgruppe „Beirat sozialpädagogische Ausbildung“, die sich seit knapp zwei Jahren regelmäßig trifft, um sich über aktuelle politische Themen aus der sozialpädagogischen Berufswelt auszutauschen.
Rund 50 Teilnehmende begrüßte Schulleiter Gregor Rüter zu dem gut zweistündigen Treffen. Der Einladung gefolgt waren neben Tesche, leitende Mitarbeitende aus Kindertageseinrichtungen und Jugendhilfeeinrichtungen unterschiedlicher Träger aus der Region sowie Fachlehrerinnen und Fachlehrer der Fachschule des Sozialwesens. „Leider haben wir keine Rückmeldungen aus der Politik und den Elternvertretungen erhalten“, bedauerte Rüter.
„Es ist fünf vor zwölf.“ Mit diesen Worten starteten Mareike Zaun, Leiterin der Kita St. Andreas in Haltern, und Daniela Grothusmann, Leiterin des Familienzentrums St. Laurentius 1 in Haltern, ihre düstere „Bestandsaufnahme“ aus dem Alltag. „Wir sind ein Ort der Bildung. Was Kinder in der Kita lernen, ist der Grundstein für ihr ganzes Leben“, betonte Zaun. Doch durch fehlendes Fachpersonal, krankheitsbedingte Ausfälle oder Urlaubszeiten sei es in der augenblicklichen Lage nicht möglich, eine qualitative Betreuungs- und Bildungsarbeit zu garantieren. Sie wünschten sich, dass die Politik ein offenes Ohr für ihre Belange habe. „Aber scheinbar gibt es kein Interesse, sonst wäre heute jemand hier“, bedauerte Grothusmann.
Aus der Sicht eines Trägers sprach Cordula Borgsmüller. Sie teilt sich mit Iris Hillenbrand die Verbundleitung von insgesamt 21 Einrichtungen in der Trägerschaft der Halterner Pfarrei St. Sixtus, die mit dem Alexandrine-Hegemann-Berufskolleg kooperiert. „Wir machen uns viele Gedanken und haben große Sorgen, wie es weitergehen soll. So viele Erzieherinnen und Erzieher wie wir in den nächsten Jahren brauchen, können wir gar nicht ausbilden. Das macht uns als Dienstgeber Bauchschmerzen“, informierte sie. Die Teams in den Einrichtungen würden an der Belastungsgrenze arbeiten, neue und innovative Wege seien dringend notwendig. „Die qualitative frühkindliche Betreuung ist eine Investition in die Zukunft unserer Gesellschaft“, verdeutlichte Grothusmann.
Leider verzeichnen auch die Berufskollegs einen Abwärtstrend bei den Bewerbungen. „Die Zahlen weisen nicht in eine gute Zukunft“, bedauerte auch Rüter. Das Problem des Fachkräftemangels sei lange nicht wahrgenommen worden. „Es ist durch die Corona-Pandemie, den Krieg in der Ukraine und die Energiekrise gänzlich unter dem Schirm der öffentlichen Aufmerksamkeit gewesen“, ergänzte er.
In vier Kleingruppen gab es für die Teilnehmenden die Möglichkeit, sich auszutauschen und gemeinsam konstruktive Lösungsvorschläge einzubringen. Diese reichten beispielsweise von finanziellen Anreizen über die Aufwertung der Ausbildung bis hin zu einer Image-Kampagne, um das Berufsbild in der Gesellschaft zu verbessern. „Der Frust sitzt auf allen Ebenen tief. Das ist deutlich geworden. Trotzdem wollen wir den Blick nach vorn richten. Wie können wir junge Menschen motivieren, sich für den Beruf zu entscheiden? Wichtig ist es zu motivieren, zu wertschätzen und zu binden“, hob Ursula Jesussek, Bildungsgangsleiterin am Alexandrine-Hegemann-Berufskolleg, hervor. Sie dankte den Anwesenden für ihr Interesse und lud direkt zum nächsten Treffen am 22. März ein.
Michaela Kiepe