„Ein echter Sonnenschein“

, Kreisdekanat Borken

Petra Blomberg strahlt und reißt die Arme hoch. Mit einem Stups sind alle zehn gelben Kappen in die kleine Tüte gerutscht. Für die 45-Jährige ein echter Kraftakt, der ihr unübersehbar viel Konzentration abverlangt. „Es macht ihr trotzdem Freude, sie will etwas tun.“ Caritas-Gruppenleiter Michael Tombült kennt und versteht Petra Blomberg, auch wenn die Laererin sich nur durch Geräusche mitteilen kann. Seit ihrer Geburt ist sie schwerstmehrfachbehindert, sitzt im Rollstuhl, ist 24 Stunden auf Hilfe angewiesen – und lebt dennoch oder gerade deswegen ihr eigenes Leben.

Petra Blomberg mit ihrem Betreuer Michael Tombült

Petra Blomberg ist ein echter Sonnenschein, sagt Caritas-Gruppenleiter Michael Tombült.

© Bistum Münster

Lange haben die Eltern ihre Tochter zu Hause betreut, bis es nicht mehr ging, die Rund-um-die-Uhr-Pflege nicht mehr zu leisten war. Seit 2011 lebt Petra Blomberg im St. Antonius-Haus in Schöppingen. Jeden Samstag holt Mutter Christel sie nach Hause. Vor der Pandemie durfte sie auch mal über Nacht bis zum Sonntag in Laer bleiben konnte: „Zurzeit ist das nicht möglich“, sagt Mutter Christel.

Von Schöppingen bringt ein Spezialbus Petra Blomberg werktags zur Caritas-Werkstatt nach Ochtrup, wo Michael Tombült oder ein Kollege aus dem Intensivförderbereich sich um sie kümmern.

Dass Menschen mit schwerstmehrfachen Behinderungen in einer Werkstatt tätig sein dürfen, das gibt es nur in Nordrhein-Westfalen, erklärt Bärbel Henrich vom Caritas-Sozialdienst. Die jeweilige Arbeit ist individuell auf die Fähigkeiten abgestimmt. Notwendige Hilfsmittel wie beispielsweise die Rutschkonstruktion, über die Petra Blomberg die Kappen in die Cellophanbeutel schieben kann, werden speziell vom Team der Arbeitsplatzausgestaltung angefertigt.

Zwei Arbeitseinheiten sieht der Tag für die 45-Jährige vor. „Direkt morgens nach dem Ankommen und dann noch einmal nach der Mittagsruhe“, fügt Michael Tombült an. Drei, vier Tüten, die im Kundenauftrag befüllt werden, schafft Petra Blomberg, dann braucht sie meist eine Ruhephase. Zwischendurch aus dem Rollstuhl rauszukommen, das ist für ihren Körper wichtig. Das Betreuerteam legt sie dann ins Bett, das durch einen Vorhang vom Rest des Raumes abgetrennt werden kann.

Petra Blomberg mag, wenn einer der FSJler ihr ein Bilderbuch zeigt und daraus vorliest. Oder wenn jemand mit ihr bei schönem Wetter draußen einen Spaziergang macht. „Petra ist ein echter Sonnenschein“, sagt Tombült. Immer gut gelaunt und fröhlich. „Und wenn ihr doch mal etwas nicht passt, äußert sie es – auf ihre Weise.“ Über die Jahre weiß das Caritas-Betreuer-Team inzwischen sehr genau, was die 45-Jährige dann möchte. Zum Beispiel eines ihrer geliebten Stofftiere. „Die hat sie immer dabei.“ Den weichen Stoff zu spüren, etwas festzuhalten, das beruhige sie, erklärt Tombült. Genauso wie die stimmungsvolle Atmosphäre im Snoezelraum mit leiser Musik, vielen Kissen und kleinen Sternenlämpchen.

Auch wenn Petra Blomberg durch ihre Einschränkungen nur in ihrem Rollstuhl danebenstehen kann, ihre Betreuer holen sie bei Aktionen wie dem gemeinsamen Plätzchenbacken in der Adventszeit selbstverständlich dazu: „So hat sie Kontakt zur Gruppe und nimmt die Gerüche wahr.“ Michael Tombült ist überzeugt, dass sein Schützling diese Momente besonders genießt.

Gudrun Niewöhner