Friedensschule fühlt mit israelischer Partnerstadt- und schule

, Stadtdekanat Münster

„Wir sind Nachbarn und gute Freunde, aber wir unterhalten uns niemals über Politik.“ Dieser Satz ihres israelischen Reiseleiters über das Miteinander in seinem Dorf ist Andrea Trentmann im Gedächtnis geblieben. „Ich hoffe, es geht den Familien gut“, sagt die Lehrerin der Friedensschule in Münster, die im April mit einer Gruppe von Kolleginnen und Kollegen das Heilige Land besucht hat. 

Belebte Straßen haben die Lehrerinnen und Lehrer der Friedensschule bei ihrer Fahrt im April ins israelische Rishon LeZion vorgefunden.

© Friedensschule

Anlass war der seit 1978 bestehende Schüleraustausch der bischöflichen Schule mit dem Gymnasia Realit in Rishon LeZion. Während eines solchen Austausches besuchten rund 20 bis 25 Schülerinnen und Schüler die Partnerschule in Rishon und lebten dort in Familien, im darauffolgenden Jahr kamen die israelischen Mädchen und Jungen nach Münster. Mit der Kollegiumsfahrt im Frühjahr sollte dieser seit der Corona-Pandemie eingeschlafene Austausch wiederbelebt werden. Nach dem Angriff der Hamas auf Israel ist die Zukunft derzeit allerdings ungewiss.

Auch wenn die Geschehnisse des 7. Oktobers in der Form nicht absehbar gewesen seien, seien durchaus bereits Spannungen im Land zu spüren gewesen, blickt Stephan Skuplik, Lehrer für Mathematik, Physik und Technik, auf die Tage im April zurück. „Es gab eine erhöhte Militärpräsenz in der Öffentlichkeit und entsprechende Reisehinweise durch das Auswärtige Amt“, gibt Skuplik Beispiele. Begleitet vom damaligen Schulleiter Ulrich Bertram lernten die Lehrkräfte die Kultur und Religion Israels kennen und führten in Rishon LeZion Gespräche mit Verantwortlichen der Stadt und der Partnerschule. Ebenfalls in Erinnerungen bleiben die Begegnungen mit einer palästinensischen Friedensaktivistin und einem arabischen Christen.

„Es war sehr beeindruckend, das, was mir bisher nur aus Reiseberichten anderer zu Ohren gekommen ist, mit eigenen Erfahrungen zu füllen und die mir aus der Bibel bekannten Orte des Wirkens Jesu einmal real vor Ort zu sehen und zu erleben“, sagt Stephan Skuplik. Auch für Andrea Trentmann war es der erste Besuch in Israel, ihr Mann hatte ihr im Jahr zuvor nach einer Reise von Land und Leuten vorgeschwärmt. „Um die Stimmung und die Vielfalt in Israel zu begreifen, muss man aber selbst vor Ort gewesen sein. Ich bin dankbar, dass ich dazu im April die Gelegenheit hatte“, sagt die Lehrerin und hofft mit ihrem Kollegen und der ganzen Schulgemeinschaft, dass das Austauschprogramm eine Zukunft hat. 

Erinnerungskultur wird in der Friedensschule groß geschrieben. Neben der Partnerschule in Israel gibt es regelmäßig die Möglichkeit zum Austausch mit Zeitzeugen, wie im März 2022 beim Projekttag „Menschenrechte in der DDR“.

© Bistum Münster

Auch deshalb, weil der Bereich Erinnerungskultur eine große Rolle an der Friedensschule spielt. Jährlich besucht der 9. Jahrgang die Gedenkstätte Buchenwald, interessierte Schülerinnen und Schüler aus der Q1 fahren außerdem eine Woche nach Weimar und Berlin und setzen sich in verschiedener Weise mit der NS-Ideologie, der Verwicklung der Industrie in die NS-Verbrechen und der Bedeutung der Zwangsarbeit im Rahmen der Vernichtungs- und Kriegspolitik auseinander. Zeitzeugengespräche, ein jährlicher Menschenrechtstag und der Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten gehören schon viele Jahre fest zum Schulprogramm dazu. „In unserer immer komplexeren Welt sollten sich Schülerinnen und Schüler mit der Vergangenheit des Landes, in dem sie leben, auseinandersetzen und die Gelegenheit bekommen, den Spuren der Vergangenheit nicht nur durch das Geschichtsbuch nachzuspüren“, sagt Claudia Strieter, Geschichtslehrerin an der Friedensschule.

Seit dem 7.Oktober haben sie und ihre Kollegen viele Gespräche mit den Kindern und Ju-gendlichen zur aktuellen Situation geführt. „Die Bandbreite reicht dabei von sehr gut infor-mierten und brennend interessierten Schülerinnen und Schülern bis zu Gleichgültigkeit ge-genüber politischen Themen und aktuellen Meldungen“, berichtet Claudia Strieter mit Blick auf ein offenkundig unterschiedliches Medienverhalten in den Familien und bei den Jugend-lichen. „Deutlich zu machen, dass die Hamas eine islamistische Terrororganisation ist, deren Gewalt und Hass sich vor allem auch gegen liberale Jüdinnen und Juden gerichtet hat, war bei der Information über die Ereignisse und Hintergründe zentral“, erklärt die Lehrerin, der es wichtig ist, auch die Perspektive der Schüler zu ergründen. Neben allen dankbar ange-nommenen Fortbildungsangeboten, die die Lehrenden beispielsweise zum Umgang mit Anti-semitismus in Schule erhalten, gebe es aber auch das Gefühl der Überforderung, was das Ausmaß des Konflikts und die Auswirkungen auf die Gesellschaft betreffe. „Dieses Gefühl mündet in der Trauer über die Opfer“, sagt Strieter. 

Ann-Christin Ladermann